Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TF 2014/21
Retzius, Gustaf
Anthropologia Suecica: Beiträge zur Anthropologie der Schweden; nach den auf Veranstaltung der Schwedischen Gesellschaft für Anthropologie und Geographie in den Jahren 1897 und 1898 aufgeführten Erhebungen; mit 130 Tabellen, 14 Karten und 7 Proportionstafeln in Farbendruck, vielen Kurven und anderen Illustrationen
Stockholm, 1902
Seite: 19
(PDF, 50 MB)
Bibliographische Information
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Anatomische Literatur

  (z. B.: IV, 145, xii)



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ällmählig und fast unmerklich geschehene friedliche, durch Ansiedelung von einzelnen, Handel, Künste und
Gewerbe betreibenden Individuen eine grosse, vielleicht sogar die grösste Rolle gespielt, and zwar seit alter
Zeit her. Schon in der heidnischen Periode kamen fremde Handels- und Gewerbsleute nach dem Norden,
um ihre Waaren und die Producte ihrer Künste und Gewerbe auszubieten; manche von diesen Leuten blieben
im Lande, indem sie sich an den Handelsplätzen und in den Städten niederliessen. Dies geschah schon in
alter Zeit in Wisby, in Birka u. s. w. Sie verheiratheten sich hier und hinterliessen Familien, die oft den
Namen des Vaters trugen. So ging es Jahrhunderte hindurch, und es findet diese friedliche Einwanderung
noch immer statt. Aus diesen Familien, welche oft zu Wohlstand gelangten, bezogen die Söhne nicht selten
die Universität und stiegen nachher in höhere Klassen, nicht selten sogar in die höchsten Aemter des Staates
hinauf; andere wurden Krieger und bekamen oft eine hohe Stellung in der Armee; andere setzten den Handel
oder die Gewerbe der Väter fort und bildeten einen grossen Theil des Bürgerstandes der Städte. In Folge
dessen findet man in diesen Klassen eine auffallend grosse Menge Familien mit fremden, gewöhnlich deutschen
oder holländischen, seltener englischen, französischen oder italienischen Namen. Unter diesen Familien, v. A.
im Handelsstand, ist die jüdische Abstammung sehr viel vertreten, und zwar besonders die aus Deutschland
und Polen herrührende.

Im südlichen Schweden, v. A. in Skäne, welche Provinz zusammen mit Hailand und Blekinge so lange
unter dänischer Herrschaft stand, sind auch in späterer Zeit auf dem Lande recht viele fremde Familien
ansässig geworden, welche grössere Güter gekauft haben und Ackerbau treiben. Unter diesen Familien kommen
besonders Dänen und Deutsche zahlreich vor.

Nach dieser gedrängten Uebersicht der Quellen und Veranlassungen zu den während der früheren uns
mehr oder weniger bekannten Perioden stattgefundenen Einmischungen fremder Elemente in die schwedische
Bevölkerung ist es nun von hohem Interesse zu erfahren, wrie sich diese Bevölkerung, die eigentlichen Schweden,
entwickelt hat, welche Passencharaktere sie besitzt und mit welchen anderen Völkern auf der Erde sie verwandt
ist. Es ist angemessen, hierbei zuerst einen Blick auf die verschiedenen Ansichten und Erfahrungen
zu werfen, welche in dieser Beziehung bisher veröffentlicht worden sind. Hier folgt deshalb eine kurze Uebersicht
der bisherigen Untersuchungen und Angaben, welche die Anthropologie des schwedischen Volkes betreffen.

Dass das schwedische Volk germanischer Herkunft ist, zu dem grossen germanischen Stamme gehört,
ist schon seit Alters her unter den Gelehrten als eine gesicherte Wahrheit angenommen und v. A. auf die
Beschaffenheit der Sprache gefusst worden. In welcher W'eise und auf welchen Wegen dieser germanische
Stamm in unser Land eingewandert ist, darüber sind die Meinungen der Sprach- und Geschichtsforscher nicht so
einstimmig und sicher. In Folge der Angaben der alten Sagen und Traditionen haben die Forscher in der
schwedischen Bevölkerung zwei grosse Hauptstämme unterschieden, nämlich die Götar und die Svear. Nach
Geijer bildeten jene die älteste germanische Bevölkerung Schwedens, diese wanderten später ein und verdrängten
die Götar nach den südöstlichen Theilen des Landes. Strinnholm nahm an, dass die Svear mit Odin anlangten
und ein Arolk mit einer noch älteren Asa-Lehre, die Götar, vor sich im Norden fanden. Die norwegischen
Geschichtsschreiber R. Keyser und A. Münch bildeten die Ansicht aus, dass die Germanen von
ihrer ursprünglichen Heimath im Inneren von Russland über die Ostsee nach Deutschland zogen, wobei ein
Rest in Dänemark und im südlichen Schweden zurückblieb und hier die gotische Bevölkerung bildete, während
ein anderer Theil, die Svear, über das Alandsmeer nach dem mittleren Schweden kam und auch die Norweger
im hohen Norden in ihr Land gelangten. Hans Hildebrand1) fand, dass Alles für eine Zusammenstellung

x) Hans Ol. Hildebrand Hilbebranb, Suenska folket under Hechmtiden. Andra omarbetade och. illustrerade upplagan. 1872.


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