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mit langem Hinterhaupt und gerader, fast lothrechter Profillinie und wohl proportionirten Gesichtsformen.
Dass das Verhältniss bei den Norwegern ebenso ist, habe ich bei meinem Aufenthalte in Norwegen diesen
Sommer Gelegenheit gehabt, bekräftigt zu sehen, theils durch Betrachtung einer Anzahl Landleute, die ich
auf der Eeise antraf, und theils durch die Schädelsammlung des anatomischen Museums in Christiania.»
In seinem im J. 1845 veröffentlichten Aufsatz »Om svenskci fomcrcinier» beschrieb er einen in einem
Grabe in Södermanland gefundenen Schädel, der wahrscheinlich aus dem Eisenzeitalter stammte, und einige
Schädel von Öland (aus dem Bronze- oder Eisenzeitalter), welche Schädel sämmtlich orthognathisch-dolicho-
cephal und von dem für die Schwedenschädel charakteristischen Typus waren. Im J. 1848 beschrieb er in
seinem Aufsatze »Cranier ur gamla greifvar i Östergötland» einen dolichocephalen Schädel von schwedischem
Typus, der aus einem alten Grabhügel der heidnischen Zeit herrührte. In seiner letzten grösseren Abhandlung
»Bück pä ethnologiens närvarande Ständpunkt med afseende pä formen af linfvudskälens benstomme» v. J. 1856
äusserte Anders Betzius, dass er schwedische Schädel zu Hunderten untersucht und die früher von ihm beschriebene
Form vorherrschend gefunden hatte. »Bei der Planirung von dem Bicldarholm», fügte er hinzu,
»stiess man vor einigen Jahren auf einen ganzen Kirchhof, aus welchem Schädel und Ueberbleibsel von Skeletten
ausgegraben wurden, von denen viele gut erhalten waren; alle Schädel zeigten fast ohne Ausnahme
den germanischen Typus. Ebenso verhielt es sich bei einer Ausgrabung in der Stadt in der sog. Själagärcls-
gata (Seelenhofsgasse), an welcher ein Klosterkirchhof gelegen hat.» — In Dänemark, in Holland, u. s. w. hatte
er eine ähnliche, germanische, dolichocephale Schädelform angetroffen. Was seine Ansichten über die Schädelform
anderer europäischer Völker betrifft, so verweise ich auf die ersten beiden Abtheilungen meines Werkes
Crania suecica antiqua.
Im J. 1860 veröffentlichte Dr N. G. Bkuzelius }) einen Bericht über den Fund einiger im J. 18591
in einem Steinzeitgrabe bei Hvellinge in Skäne angetroffenen Schädel; diese Schädel, sagt er, waren im Allgemeinen
ziemlich lang, mit abschüssiger Stirn und sehr hervorragenden Augenbraunenbogen versehen und am
richtigsten zur Dolichocephalie zu zählen, weshalb sie mit den Lappenschädeln und den von Sven Nilsson
beschriebenen Urschädeln wenig Uebereinstimmung zeigten.
Von den etwa 20 bestimmbaren Schädeln, welche von G. von Düben2) und mir in den beiden im Jahre
1863 geöffneten Ganggräbern in Västergötland eingesammelt wurden, war nur ein einziger brachycephal, die
übrigen sämmtlich dolichocephal; 12 von ihnen zeigten als Mittelzahl einen Längen-Breiten-Index von 73,l,
während nach von Düben's Messungen derselbe Index bei den jetzt lebenden Schweden 77,87 beträgt. Aus
diesen Befunden zog von Düben den Schluss, dass, wenn auch die Anzahl der Schädel noch zu gering
war, um die Bassencharaktere genau und sicher zu bestimmen, doch so viel behauptet werden konnte,
»dass die fraglichen Schädel unzweifelhaft einer Basse angehören, welche sich von der von Prof. Nilsson
in Skäne beobachteten, von der in alten Steinhügeln (Kümmel) auf Gottland und Öland repräsentirten,
von der in Gräbern aus dem Mittelalter vorkommenden und von der jetzt in Schweden lebenden unterscheidet
. »
Im folgenden Jahre (1864) beschrieb ich3) einige aus Gräbern des Bronzezeit- und Eisenzeitalters-
in Smäland herrührende Schädel, welche eine sehr ausgeprägte Dolichocephalie (71,o—72,6) darboten. In
den Jahren 1872 und 1874 sammelte ich zusammen mit Oscak Montelius4) bei der Untersuchung einiger
Ganggräber und Steinkisten in der schwed. Provinz Västergötland eine Anzahl von mehr als zwanzig Menschenschädeln
ein; im J. 1873 lieferte Montelius und im J. 1879 ich5) kurze Berichte, aus denen hier hervorzuheben
ist, dass von den 5 vollständigeren, aus dem Ganggrabe bei Karleby-Klöfvagärden stammenden
Schädeln vier dolichocephal waren und einer sich stark brachycephal zeigte. Die Form des brachycephalen
x) N. G. Bruzelius, Svenska fornlemningar, aßecknade och beskrifna, 2. häft. Lund 1860. Auch als akad. Doctoratdissert.
herausgegeben.
2) Gr. von Düben, Antikvarisk Tidskrift för Sverige, Bd 1; 1864.
3) G. Betzius, in B. E. Hildebrand's Bericht in Antiqvar. Tidskr., Bd I, 1864.
4) Oscar Montelius, lindersöhiing af en gänggrift vid Karleby kyrka i Vestergötland. K. Vitt.-, Hist.- och Antiqv.-Akad:s
Mänadsblad N:o 13, Jan. 1873.
5) Gustaf Betzius, Nägra kranier frän stenäldem i Sverige. Svenska Sällskapets för antropologi och geografi tidskrift
(antrop. sekt.), Bd I, N:o 3, 1879.
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