Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TF 2014/21
Retzius, Gustaf
Anthropologia Suecica: Beiträge zur Anthropologie der Schweden; nach den auf Veranstaltung der Schwedischen Gesellschaft für Anthropologie und Geographie in den Jahren 1897 und 1898 aufgeführten Erhebungen; mit 130 Tabellen, 14 Karten und 7 Proportionstafeln in Farbendruck, vielen Kurven und anderen Illustrationen
Stockholm, 1902
Seite: 28
(PDF, 50 MB)
Bibliographische Information
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Anatomische Literatur

  (z. B.: IV, 145, xii)



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In fünf getrennten Mittheilungen1), von denen die erste im J. 1884, die letzte im J. 1898 veröffentlicht
wurde, hat Arbo Berichte über seine Untersuchungen geliefert, ausserdem auch in mehreren Aufsätzen
seine Ansichten ausgesprochen. In der ersten Mittheilung beschrieb er die anthrop. Charaktere der Bevölkerung
in zwei östlichen Landestheilen Norwegens, nämlich in HaUingddl und Walders nebst angrenzenden Regionen,
wo er resp. 132 und 473 männliche Individuen untersucht hatte. In der zweiten Abhandlung wurden Öster-
dalen und Gud.br andsddten mit zusammen 543 untersuchten männl. Individuen berücksichtigt. In der dritten
lieferte er die Beschreibung und die Masse der Bevölkerung in Byfylke, Jcederen und Dahme nebst der Stadt
Stavanger mit zusammen 1448 (1449) männl. Individuen. Die vierte war der Bevölkerung von Lister und Mandats
uod die fünfte derjenigen von Nedences Amt mit resp. 1013 und 1057 männl. Individuen gewidmet. Im
Granzen scheint also Arbo während diesen seinen etwa fünfzehnjährigen' Forschungen 4,667 Individuen, sämmt-
lich Männer, untersucht zu haben. Mehrere Gregenden, v. A. die nördlichen, scheinen indessen noch nicht durchforscht
zu sein. Jedenfalls liegen uns keine eingehenderen Veröffentlichungen darüber .vor. Aus seinen Untersuchungen
hat Arbo schon längst folgende merkliche Schlüsse gezogen: In fast allen östlichen Thälern Norwegens
konnten eigentümliche Typengrenzen zwischen einer inneren und einer äusseren Bevölkerung nachgewiesen
werden, welche in die Thäler von entgegengesetzten Seiten gekommen zu sein scheint. Diese
Grenzen manifestiren sich durch eine verschiedene Schädelform (mehr oder weniger starke Dolichocephalie oder
sogar Brachycephalie), oder verschiedene Prozentverhältnisse hinsichtlich des Vorkommens von drei Schädelformen
oder der Veränderung des Gesichtswinkels oder der Körpergrösse, des Blondheitsgrades und des
geistigen Habitus u. s. w.

In den Küstengegenden des südwestlichen Norwegens, von Tjödling an bis an die Grenze von
Hardanger, entdeckte Arbo, dass die Bevölkerung eine überwiegende Brachycephalie darbietet; der Habitus
dieser Bevölkerung ist auch sowohl körperlich, als geistig verschieden.

In einer späteren, in Ymer im J. 1900 veröffentlichten Abhandlung theilt Arbo zwei ausführliche
Karten mit, welche die Vertheilung der Körperhöhe und der Längen-Breiten-Indices der Schädel zeigen; in
dieser Abhandlung sagt er, dass die Schädelmessungen bei einer Anzahl von 15,000 bis 20,000 männlichen
Individuen im Alter von 23—25 Jahren ausgeführt sind; in einer Note fügt er hinzu, dass die Karte nach
vorläufigen Untersuchungen gezeichnet ist, die noch nicht abgeschlossen sind. Auch diesmal hebt er hervor,
dass die Küstengegenden an der Südspitze des Landes bis auf eine ganz kurze Strecke von einer mehr bra-
chycephalen Bevölkerung eingenommen sind, welche sich mit kleineren Abstechern in die Gegenden an dem
verschiedenen grossen westlichen Meerbusen (Sörfjorcl, Sognefjord und speciel Trondhjemsfjord) fortsetzt. Das
ganze Binnenland dagegen, also auch die inneren Busengegenden, zeigen eine mehr mesocephale Bevölkerung,
nnd hier und da findet man Foci einer ausgeprägt dolichocephalen Bevölkerung.

In derselben Abhandlung betont Arbo auch seine Ansichten von der Zusammensetzung des norwe-
gischen Volkes aus mehreren verschiedenen Volkselementen, welche die verschiedenen alten Oulturen mitgebracht
haben. Die brachycephale Bevölkerung der Westküste, die vielleicht früher als die dolichocephale
in das Land kam, scheint er als über das Meer von Britannien angelangt zu betrachten. Arbo hat auch
einen Schädel (den Svelvikschädel) aus der Steinzeit Norwegens beschrieben2).

And. M. Hansen3), welcher nach Arbo auch diese Probleme besprochen hat, meint, es sei sicher, dass
die Westküstbrachycephalen das Urvolk waren, welches sich schon während der letzten kurzen Eisperiode
in Norwegen fand, von den später einwandernden blonden Dolichocephalen aber vertrieben oder unterjocht
und zu Sklaven (trälar) gemacht wurde. Seine Theorie stimmt also wesentlich mit der alten Theorie von Sven
Nilsson hinsichtlich der Urbewohner Skandinaviens überein.

x) C. 0. E. Arbo, Nogle Bidrag til Nordmändenes fysiske antropologie, Biologiske Meddelelser udg. af J. Heiberg, 1884.
— Fortsatte Bidrag til Nordmändenes fysiske Antropologie IL Österdalen og Gudbrandsdalen. Norskt Magasin for Laegevidenskaben
N:o 9 og 12, 1891. — Dito III, Stavanger Amt. Videnskabsselskabets Skrifter, I, Mathem.-naturv. Klasse, 1895, N:o 6. — Dito
IV, Lister og Mandals Amt, Dito, 1897, N:o 1. — Dito V, Nedences Amt. Dito 1898, N:o 6.

2) C. 0. E. Arbo, La premiere decouverte d'ossements humains de Vage de la pierre en Norvege. Revue dAiitkropologie,
2:e Serie, T, V.

3) And. M. Hansen, Menneskesloegtens JElde.


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