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Man findet hier, dass Gottland und Harjedalen die allerhöchsten Zahlen (172,74 und 172,6i) gegeben
haben; demnächst kommen Hälsingland und Bohuslän (172,32 und 172,u); dann folgen Jämtland, Dalsland,
Medelpad, Västergötland, Stockholm, Södermanland, Oland, Gästrikland und Angermanland mit Zahlen von
mehr als 171 Cm. u. s. w.
Die für ganz Schweden geltende Mittel zahl, welche sich, wie oben erwähnt, auf 170,s<s Cm. beläuft,
steht, wie aus der Tabelle rechts ersichtlich ist, zwischen den Mittelzahlen für Värmland und Dalarne.
Noch übersichtlicher als aus den Tabellen gehen die fraglichen Verhältnisse aus den Kurven und
Karten hervor.
Auf den folgenden fünf Seiten sind die Kurven der Prozentzahlen der verschiedenen Provinzen nach
der geographischen Lage derselben von Süden nach Norden, zusammengestellt, und zum Vergleich ist hier
auch die Kurve für ganz Schweden angegeben.
Zuerst folgen auf den beiden Seiten 52 und 53 die Kurven, welche nach den einzelnen, auf einander
folgenden Zahlen (154 Cm., 155 Cm., 156 Cm. etc.) aufgestellt sind und deshalb ziemlich unregelmässig, mit
vielen Zacken und Gipfel versehen erscheinen. Dann kommen auf den Seiten 54 und 55 die ZweizaJilenlzuYYen
(154 Cm., 156 Cm., 158 Cm. etc.), wo je zwei auf einander folgende Zahlen zusammengeführt sind; diese
Kurven sind bedeutend regelmässiger und übersichtlicher als die vorigen. Schliesslich ist noch auf der Seite
56 eine Eeihe von Fünf zahl enkurven (154 Cm., 159 Cm., 164 Cm. etc.) beigefügt, wo je 5 auf einander folgende
Zahlen zusammengeführt sind und die Begelmässigkeit noch mehr hervortritt.
Von diesen Kurven ist wohl die zweite Peihe, die der Zweizalilenkuruen, die am meisten beleuchtende
und interessante.
Bevor wir aber zu der Besprechung der einzelnen Kurven übergehen, ist es indessen von Belang, die
allgemeine Bedeutung der Contiguration solcher Kurven zu besprechen und festzustellen.
W ie eine Betrachtung der Einzahlenkm-ven ergiebt, bieten die meisten bedeutende Verschiedenheiten
dar, und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Höhe und Breite, als auch ihres übrigen Aussehens. Vor Allem ist die
verschiedene Anzahl, Breite und Höhe der Zacken oder Gipfel auffallend.
Es ist nun von vorne herein nothwendig, sich über die prinzipielle Bedeutung solcher Formenverschiedenheiten
zu unterrichten. Bekanntlich sind diese Quetelet''sehen Kurven hinsichtlich der oft vorkommenden
Zackenbildungen früher in etwas anderer Weise gedeutet worden, als jetzt. Wenn an einer Bevölkerungskurve zwei
oder mehr gut ausgesprochene Gipfel vorkamen, wurde dies als ein Beweis für eine Mengung, eine Zusammensetzung
der Bevölkerung aus verschiedenen Passenelementen aufgefasst. P. Livi zeigte aber, dass dieses
keinen sicheren Beweis hierfür liefert, und 0. Ammon, welcher vorher der älteren Anschauung huldigte, hat
sieh jetzt der Livi 'sehen ganz angeschlossen. In seiner letzten Arbeit »Zur Anthropologie der Badener» v.
J. 1891). hat er dieser Frage eine eingehende Eruirung gewidmet. Livi's besonderes Verdienst», sagt er,,
»besteht darin, den unrichtigen Auslegungen zwei gipfelig er Kurven ein Ende bereitet zu haben. Als ein
Beweis für das Vorhandensein zweier Typen kann diese Form künftig nicht mehr angesehen werden. In
den meisten Fällen bleibt keine andere Annahme möglich, als dass eben der Zufall sein Spiel getrieben hat,
dass die Zahl der Individuen zur Herstellung einer stetigen Kurve nicht gross genug war.» Dadurch fallen,,
was zwar zu bedauern ist, manche schöne Ergebnisse und Schlüsse, welche aus solchen zweigipfligen Kurven
gezogen worden sind; es ist jedoch ein Gewinn, die Wahrheit auch in solchen Fällen, wo sie unsere Kartenhäuser
zerschlägt, zu ermitteln. Vor Allem hat man nicht in hinreichendem Masse erkannt, dass dann, wenn,
wie last überall, eine Bevölkerung aus zwei oder mehr verschiedenen Passenelementen besteht, nicht nur
eine Mengung, sondern auch eine Vermischung, eine Kreuzung, dieser Elemente stattfindet, und zwar in sehr
verschiedenem Massstabe, in verschiedenen Graden; hierdurch entstehen sehr complicirte Verhältnisse, welche
auf die Form der Kurven Einrluss ausüben.
Was nun unser Land betrifft, so schienen zwar die grösseren Gipfelbildungen, welche an den von
Hultkrantz veröffentlichten Kurven vorkommen, viel zu Gunsten der Annahme einer Mengung von ethnologisch
verschiedener Volkselemente zu sprechen. Dieses schien v. A. mit der grossen Individuenzahl, welche
in die Berechnungen einging, und dem AViederkommen der Befunde Jahr für Jahr der Fall zu sein. Hult-
kkantz hat sich indessen in dieser Hinsicht mit rühmlicher Vorsicht ausgesprochen.
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