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und anderntheils durch die Achillessehne (Tendo Achillis) im Vereine
mit dem Schollen- kurzen "Wadenbeinmuskel und dem Abzieher der kleinen
Zehe (M. soleus peroneus brevis et Abductor digiti quintis) den Fuss
an den Boden presst, so setzt sich dessen Muskelfleisch mit einer nach
oben spitzen Grube in mehreren Flächen gegen diese Sehne ab. (Siehe
Taf. der Muskelfigur und Taf. XX.) Seine Ursprungsköpfe von welchen
der innere etwas länger und dicker ist treten sehr bedeutend hervor, die
sehnige Ausbreitung über diesen Köpfen bildet durch ihre Action breite
Flächen welche in der Nähe oberhalb der Stelle an welcher dieselben
sich an die Achillessehne absetzen durch das hervorschwellende
Muskelfleisch etwas concav werden. (Siehe Taf. der Modellfigur.) Das
Wadenfleisch ist beträchtlich verdickt, der lange und kurze Wadenbeinmuskel
(M. peroneus longus und brevis') bilden einen langen Wulst,
die Sehne des langen wird man schon oberhalb des äusseren Knöchels
(Malleolus externus) gewahr, während die des kurzen erst unterhalb
desselben nebenan mit ersterem unter der Haut zum Vorscheine
kommt. Da der ganze Körper gegen das Gewicht nach vorwärts
strebt, so neigt sich der Unterschenkel des gebogenen Beines etwas gegen
den Fussrücken. Die Folge davon ist, dass der gemeinschaftlich lange
Zehenstrecker (M. extensor communis pedis longus') und der vordere
Schienbeinmuskel (M. tibicdis anticus) über dem Sprunggelenke sichtbar
werden.
Der Fuss ist fest am Boden gepresst, das Fleisch der Muskeln am
äusseren und inneren Fussrande wird sehr markirt, der Höcker an der
Basis des fünften Mittelfussknochens wird durch diesen Druck mehr bemerkbar
indem sich das Fleisch der umliegenden Muskeln verdickt. Die
Ferse bildet von hinten gesehen einen etwas gegen den Boden hin platt
gedrückten kugelförmigen Wulst und in der Höhe des Ansatzes der
Achillessehne sieht man die kantigen Flächen des Fersenbeines (Calcaneus.)
Auf der hinteren Fläche des gestreckten Beines unterhalb des Ge-
sässmuskels nach der inneren Seite des Oberschenkels hin werden einige
Grübchen sichtbar, sie lassen die Thätigkeit der hier unter der Haut
liegenden Muskeln erkennen, die dem Gesäss zunächst höher gelegene
Vertiefung erfolgt durch die Wirkung des grossen Zuziehers (Adeluctor
magnus).
Gegen die Kniekehle zu sieht man ebenfalls zarte vertiefte Flächen,
sie entstehen durch den fleischigen Ansatz der hier liegenden Muskeln
(Siehe Taf. IV. VI. u. VIII.)
Die Sehne des halbsehnigen Muskels (AI. semitendinosus) wird einen
Moment sichtbar da die Last der Kugel während des Suchens nach dem
Schwerpunkte, wenn dieselbe überwiegend nach rückwärts zieht, das Bein
im Kniegelenk etwas knicken wird, so treten auch hier die Beuge- und
Streckmuskeln mit einander in Kampf. Das Bein ist also noch nicht völlig
gestreckt, es fehlt noch ein ganz geringer Grad und je nach den Schwankungen
der Last nach vor- oder rückwärts wird es bald mehr gebeugt
oder gestreckt erscheinen. Die Lebendigkeit welche hiedurch in dem
Beine entsteht ist sehr schwer wiederzugeben, denn um einen derartigen
Moment charakteristisch auszudrücken bedarf es unbedingt wie schon oben
bemerkt eines tiefen Verständnisses der Muskelformen und ihrer Thätigkeit.
Die Formerscheinung in der Gegend beider Kniegelenke ist sehr verschieden
; während bei dem gebeugtem Beine der kurze Kopf des zweiköpfigen
Schenkelmuskels zurückgesunken ist wird er an dem gestreckten
herausgepresst, wodurch an der äusseren Seite desselben ein länglicher
Wulst entsteht. Die allgemeine Strecksehne der Schenkelstrecker welche
über den äusseren Knorren des Oberschenkels zieht, unterhalb des Ansatzes
des äusseren dicken Schenkclmuskels gegen die Vorderseite des Schenkels
hin mehr scharf abgrenzend als gegen die Bückseite, tritt sehr stark
hervor. Durch die hintere Fläche beider Oberschenkelknorren wird die
Muskulatur der Kniekehle hinausgepresst.
Der Vorsprung des oberen Randes der Kniescheibe des gestreckten
Beines rührt von der Einbiegung oberhalb der Gelenkfläche des Oberschenkelknochens
her, bei der Beugung verschwindet derselbe.
Das Fleisch der Wade ist auch an dem gestreckten Schenkel verdickt
. Derselbe ist etwas eingerollt, um bei der Aufstellung des Fusses
auf den Boden, eine für die Action der Muskeln günstigere Zugrichtung
zu gewinnen. Da der Fuss hier am hauptsächlichsten mit dem inneren Fussrand
und Grosszehenballen an den Boden gepresst ist, so sieht man schon einige
Finger breit über den äusseren Knöchel die Sehne des langen Wadenbeinmuskels
(M. peroneus longus) auffallend hervortreten , unterhalb desselben
Knöchels sieht man sie vereint mit der des kurzen nach vornen umbiegen.
Der Fuss ist einwärts gestellt wodurch sein Rücken dem Unterschenkel
näher zu stehen kommt, d. h. der Winkel, welchen das rückwärts gestellte
Bein mit dem Fusse macht, wird durch das Einwärtsstellen desselben
spitzer, in Folge dessen treten auch hier der vordere Schienbeinmuskel
(M. tibialis anticus) und der allgemeine lange Zehenstrecker (Extensor
communis pedis longus) stark hervor. Ersterer verdickt sich gegen
seine Ursprungsstelle zu, in der Nähe des Schienbeinstachels (Spina tibiae)
tritt er sehr merklich hervor und die Sehne wird schon theilweise sichtbar
wo sie vom Fleische weg zieht. Wie aus seinem Anheftungspunkte
zu ersehen ist hebt er zugleich den inneren Fussrand; die schiefe Stellung
des Beines zu seiner Unterstützungsfläche bedingt diese Action und
damit kommt auch der äussere Fussrand auf den Boden fester zu stehen.
Durch das Anpressen des inneren Fussrandes drückt das knöcherne Gerüst
des Fusses gegen das Fleisch des Abziehers der grossen Zehe (Abductor
liallucis) wodurch dessen obere Begrenzung sehr markirt unter der Haut
erscheint; in der Nähe seines Ursprungs, sowie an seiner oberen Begrenzung
entstehen in Folge dieses Druckes mehrere Grübchen.
Obwohl die Tafeln der Athleten mit der grössten Sorgfalt in Rücksicht
auf das im Text Besprochene gezeichnet wurden, so werden die beiden
Originalstatuen als Copien in Gyps, da sie verschiedene Beleuchtungen
und eine Anzahl von Ansichten ermöglichen, baldigst in kleinem Maassstabe
hiezu noch erscheinen, wodurch ich den vielen Anfragen zu genügen
hoffe.
Roth, anatom. Atlas. Text.
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