Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TF 2014/23
Plastisch-anatomischer Atlas zum Studium des Modells und der Antike: 24 Tafeln in Holzschnitt nebst 10 Erklärungstafeln und Text
Stuttgart, 1870
Seite: 65
(PDF, 17 MB)
Bibliographische Information
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Anatomische Literatur

  (z. B.: IV, 145, xii)



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Schlusswort.

G,

frosser Schuld bin ich mir bewusst, wenn ich der vielen Anfragen gedenke, welche sich hinsichtlich
des Erscheinens dieses zweiten Theiles an mich drängten, ohne genügend beantwortet werden
zu können; jedoch die kriegerischen Verhältnisse sowie meine bildhauerische Thätigkeit Hessen eine
bestimmte Zeit des Erscheinens nicht feststellen. Ich war daher gezwungen, nur nebenbei an
diesem zweiten Theile arbeiten zu können, wodurch sich die Vollendung desselben hinausziehen
musste und wofür ich nun um gütige Nachsicht bitte.

In meiner Absicht lag es nicht, Anatomie zu studiren, um dieselbe später lehren zu wollen, sondern
da ich, um das Modell richtig verwenden und im Nackten etwas Tüchtiges leisten zu können, die
Notwendigkeit dieser Studien selbst einsah, unterzog ich mich denselben eine längere Zeit. Durch
die moderne Kunstrichtung aber, in welcher das Studium des nackten Körpers so sehr vernachlässigt
oder misshandelt wird, fühlte ich mich veranlasst, Denjenigen, welche hiefür noch Interesse haben
und den Werth des anatomischen Studiums nicht unterschätzen, meine Studien so gedrängt als möglich
in diesem Atlas zu veröffentlichen.

Dass dieser Atlas sowie die Statuen beider Athleten Jenen ungelegen kamen, die sich in den
nackten Formen des menschlichen Körpers unsicher fühlen, beweist ihre Anschauungsweise, womit sie
sich zu trösten suchen, indem sie sagen: „anatomische Studien seien für den Künstler nicht besonders
nöthig, ja vieles Wissen hievon könne nur für die weitere Ausbildung schädlich sein." Durch diese
Arbeiten jedoch glaube ich zum Mindesten den Beweis geliefert zu haben, dass solche Studien dem
Künstler geradezu nicht nur nicht schädlich, sondern absolut nothwendig sind.

Ebenso nothwendig ist es auch bei Gewandfiguren dieselben Studien gemacht zu haben; haben
wir nicht Beweise von lebens- und überlebensgrossen Carricaturen des menschlichen Körpers, welche
oft nur gemacht zu sein scheinen, um ein Stück schön gemalter Draperie oder mit Virtuosität
behandelter plastischer Lumpen zur Schau zu tragen?

Wenn man in den Kunstschulen nur vom Katheder herabliest, Michel Angelo habe 10 Jahre
Anatomie studirt . so ist damit noch lange nichts gethan, es wäre längst zeitgemäss, demselben mehr
mit derThat nachzueifern, besonders da man sich in den letzteren Kunstbestrebungen der Renaissanceperiode
zuneigt, die sich überwiegend mehr mit dem Nackten befasst.


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