Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
75.1957
Seite: 70
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kommen will und geradezu modern anmutet, gibt der medizinischen Fakultät
ein Prüfungs- und Zulassungsrectit über Leibärzte, Apotheker, Wundärzte,
Scherer usw., hätte ihr also eine dominierende Stellung innerhalb der sogenannten
Heilberufe der Stadt verschaffen können. Da der Artikel 8 nicht
dem Heidelberger Stiftungsbrief entnommen ist (wie die meisten übrigen
Stücke der Freiburger Urkunde), wird er wohl aus dem Wiener Vorbild stammen
. Im Jahre 1454 war in Freiburg die Zunftverfassung durch Herzog Albrecht
aufgehoben worden. Da hätte die medizinische Fakiütät als Prüfungs- und
Aufsichtsinstanz für die Heilberufe die entstandene Lücke ausfüllen können,
zumal mit Hilfe des ersten Rektors, Matthäus Hummel, der als erzherzoglicher
Rat wohl der Schöpfer der neuen Verfassungsurkunde und zudem Doktor der
Medizin gewesen ist. Praktische Folgen hat dieser Artikel indessen nicht gehabt
— es war ja bei der Stiftung der Universität auch nicht vorauszusehen,
daß schon sieben Jahre später die Zunftverfassung wiederhergestellt wurde
(1464). Nun hätte sich die Zunft, der die Scherer, Bader und Wundärzte angehören
, derartige Eingriffe, wie der Artikel 8 sie vorsah, kaum mehr gefallen
lassen.

Höchst bedeutsam und von schwerwiegenden Folgen war dagegen der oben
schon erwähnte Artikel 13 von den Familienangehörigen der Studierten, der
wieder der Heidelberger Stiftungsurkunde von 1386 entnommen ist, allerdings
mit einer sehr bezeichnenden Veränderung. Während es in der Verfassung
der Freiburger Universität vom Jahre 1457 heißt, daß diese Freiheiten
genießen sollen alle Meister und Schüler mit „allen ihren ehelichen
Weibern, Kindern, ... Knechten, Mägden, Dienern, Pedellen und wer
zu in(en) und allein in ir verbott gehörig ist", spricht der Heidelberger
Stiftungsbrief nur von allen ihren Dienern, Mägden, Knechten, Schreibern,
„wie die genant sind, die zu dem studio gehören oder dem studio stond ze
versprechen". Diese Formel steht in einer Freiburger Kopie des Heidelberger
Stiftungsbriefs (aus dem 15. Jahrhundert). Da man, genau besehen, auch im
14. und 15. Jahrhundert kaum von Mägden sagen kann, daß sie zum Studio
gehören, werden wir der Originalfassung der Heidelberger Urkunde, wie sie
im Urkundenbuch der Universität Heidelberg gedruckt ist (Winkelmann 1
[1886], 12), den Vorzug geben. Hier sind weder Knechte noch Mägde noch
Schreiber aufgezählt, sondern es heißt nur kurz und bündig:

audi gegeben ihren Dienern, wie die (immer) genannt mögen sein, die
zu dem Studio gehören!

Es ist ganz offenkundig, daß mit der erweiterten Fassung im Artikel 13
des Freiburger Universitätsprivilegs eine grundlegende Neuerung eingeführt
wird, die den mittelalterlichen Vorstellungen des Studiums widerspricht. Der
Heidelberger Meister und Student lebt zur Zeit der Universitätsgründung
im Stand der Ehelosigkeit, er ist — ob Kleriker oder Nichtkleriker — auf
jeden Fall ohne Familie. Hätte es bei der Gründung Heidelbergs verheiratete
Universitätsangehörige gegeben oder hätte man mit diesem Fall gerechnet,
dann hätte man die Rechtsstellung der Ehefrauen und Kinder nicht mit Stillschweigen
übergangen. In der 70 Jahre später gegründeten Freiburger Hochschule
aber wird es nach dem Stiftungsbrief auch Meister und Studenten
geben, die verheiratet sind.

Daß diese Tatsache hinsichtlich des Familienrechts, Erbrechts und Liegenschaftsrechts
bürgerlich-rechtliche Folgen haben würde, die naturnotwendig

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