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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1958/0066
in Meißenheim, die andere den Pfarrer Gockel in Eichstetten, wo sie früh
starb. Gockel gehörte später als Stadtpfarrer von Emmendingen dem dichtenden
Freundeskreis Jacobis an. Danach stellen sich die Verbindungen zwischen
Adel und protestantischer Geistlichkeit ideell als Gemeinsamkeit der
neuen Bildungsinteressen, real in der Form grundherrlicher Patronatsverhält-
nisse dar, die sich aus den zahlreichen adeligen Patenschaften in Pfarrhäusern,
wie sie beispielsweise das Kirchenbuch von Weil verzeichnet, ablesen lassen.

Alle Erscheinungen, die wir bisher betrachteten, tragen deutlich das Gepräge
des „ancien regime". Aber aus ihm selbst heraus vollzieht sich gleichzeitig
schon der Umbruch. Im Kreise der Prälaten löst der liberale Breis-
gauer lgnaz Fleinrich v. Wessenberg, der Bistumsverweser von Konstanz,
den konservativen Schwaben Gerbert ab. An der Universität und in der
Öffentlichkeit kämpfen die Männer der josephinischen Reformpartei gegen die
kirchliche Reaktion um den Jesuiten Sautier, rufen eine radikal aufklärerische
Zeitschrift, den „Freimütigen", ins Leben, dessen Forderungen bis zur Verwerfung
von Zölibat und Beichte gehen, und gründen die erste Freimaurerloge
. Der Geist des Fortschritts demokratisiert die Bildung. Das Theater wird
allgemeine Sache, das Schäferspiel zur Unterhaltung des Mittelstandes. Neben
den Salon und die intime Gemeinde der Musenalmanache treten bürgerliche
Lesezirkel und endlich die Museumsgesellschaft.

Der Breisgau verliert an historischer Physiognomie und nähert sich dem
„Draußen" an, das auch äußerlich siegt, als ein Vertreter der humanen ancien
regime-Kultur, Ittner, vom Malteserkanzler zum badischen Beamten geworden
, die Liquidation des fürstlichen Stifts St. Blasien vollzieht.

Die Markgrafschaft

Ist der Breisgau „Vorderes Österreich" und nach Weltanschauung wie
Struktur eingeordnet in den Raum des Reiches, so gehört die badische Markgrafschaft
zur westlichen Randzone jenes anderen, protestantischen und territorialstaatlichen
Deutschland, das damals mit dem Werk unserer Dichter und
Denker die geistige Führung übernimmt. Durch geographische Lage und
innere Verhältnisse wenig begünstigt, in diesem Prozeß eine besondere Rolle
zu spielen, ist sie doch den Einwirkungen des neuen Geistes weit mehr zugänglich
als der konservative Breisgau.

Wie die kulturelle Funktion, so sind ihre Organe hier von anderer Art.
Dem unfertigen Staatsgebilde mit seinen Gebietsbruchstücken Unterland,
Hochberg, Oberland und einer an die Peripherie geschobenen Residenz fehlt
selbst die zusammenhaltende Kraft eines landsässigen Adels, der hier bis auf
spärliche Reste verschwunden ist. Wie die Bevölkerung der jungen Residenz
anfangs ein recht buntes Bild aufweist, ohne eigene Physiognomie und ursprünglichen
Dialekt, so muß sich der Markgraf auch die Männer für Plofhalt
und Regierung immer wieder von auswärts holen. Die Minister v. Uexküll
und v. Llahn, die Karl Friedrichs Anfänge begleiten, Wilhelm v. Edelsheim,
der leitende Staatsmann und intime Freund seiner Lebenshöhe, der Freiherr
Drais v. Sauerbronn, der als hoher Verwaltungsbeamter im Auftrag des Greises
die Eingliederung des Breisgaus in den badischen Staat vollzieht, und
viele andere kommen von draußen. — Zu ihnen, die wenigstens zum Teil mit
ihren Nachkommen in Land und Staatsdienst einwurzeln, stoßen dann mit der
Ausweitung zum Großherzogtum die Angehörigen einheimischer, vorwiegend

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