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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1958/0069
unter dem Jacobifreund v. Zinck. Sie sollten nach der volkspädagogischen Absicht
ihrer Urheber ein Gegengewicht schaffen gegen das Spekulantentuni der
Bildungskonjunktur, die privaten Leihbüchereien. Um 1800 zählte die Markgrafschaft
sechs solcher Bibliotheken, davon drei allein in Karlsruhe, zwei in
Pforzheim, eine in Durlach. In den Beschwerden über diese Institute und den
von ihnen geförderten Literaturpöbel, die schon in ihrer Maienblüte laut
werden, wird immerhin zugegeben, daß sich unter den meistgelesenen Büchern
nicht nur die Romane Jean Pauls, sondern selbst die späteren dramatischen
Werke Schillers vom „Wallenstein" ab befinden, so daß auch durch diese verdächtigen
Kanäle echtes Bildungsgut in breitere Schichten gelangte, denen es
sonst vorenthalten geblieben wäre.

Die nähere Prüfung der gekennzeichneten Erscheinungen führt uns zu
zwei nicht unwichtigen Ergebnissen: einmal war die Befriedigung der steigenden
Bildungsbedürfnisse offenbar nicht mehr in den überkommenen klein-
räumigen Verhältnissen möglich. Wie etwa dem mahlbergischen evangelischen
Diözesan-Lesezirkel auch die Geistlichen der ritterschaftlichen und nassauischen
Nachbarorte beitraten, so war andererseits das Lesepublikum der Leihbüchereien
im Emmendinger Gebiet auf Freiburg, im Lörracher auf Basel
angewiesen. Zum andern wird das Bestreben deutlich, Karlsruhe auch geistig
zum Vorort des zerklüfteten Landes zu machen: Sammelplatz für die kulturelle
Elite, Pflanzstätte einer gebildeten Beamten- und Lehrerschaft, ausgestattet
mit allen Bildungseinrichtungen und -möglichkeiten bis hin zum
geistig-geselligen Treffpunkt der oberen Schicht, dem Museum.

Dagegen fehlte außer der Universität das eigene ständige Theater. Ansätze
der Barockzeit waren mit dem Regierungsantritt Karl Friedrichs verkümmert
, das Liebhabertheater der Llofgesellschaft im Durlacher Park ebenso
verschollen wie das Heer der Hofkomödianten und -musikanten, Sängerinnen
und Tänzerinnen. Zwang zur Sparsamkeit mag hier mit der persönlichen Abneigung
des Herrschers gegen prunkende höfische Lustbarkeiten zusammengewirkt
haben. Wohl pflegte man am Hofe die Musik, und in einem behelfsmäßigen
Theater gaben verschiedene Wandertruppen ihre Aufführungen, bei
denen immerhin Shakespeare-Dramen, Lessings „Minna", Goethes „Clavigo",
Schillers „Räuber" vertreten sind. Doch hören wir von häufigen Mißhelligkeiten
und ständigem Defizit. Klagten die Karlsruher, daß am Hof nur Konzerte
und Konzerte nur für den Hof gegeben würden, so klagten die Prinzipale,
daß die Karlsruher ebenso anspruchsvolle wie schlechte Theaterbesucher seien.
Erst das größere Baden der napoleonischen Zeit brachte mit der größeren Nötigung
zu sichtbarer Repräsentation auch das von Hofbeamten geleitete, aus der
Staatskasse finanzierte Großherzogliche Hoftheater. In der Markgrafenzeit
aber blieb Baden-Durlach in Musik und Theater erheblich zurück hinter der
Pfalz, Karlsruhe hinter Mannheim und Schwetzingen. Als um die Jahrhundertmitte
der berühmte Voltaire vom Hofe Karl Theodors her am Hofe Karl Friedrichs
erschien, konnte seiner Kunst nicht wie dort von der Bühne herab angemessen
gehuldigt werden.

Karl Friedrich

Dieser Sachverhalt deutet auf die verhältnismäßig bescheidene Rolle, die
der Residenz im allgemeinen Zusammenhang der Zeitkultur zugefallen ist.
An den Höfen und in der Auseinandersetzung mit ihnen vollzieht sich die

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