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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1958/0112
Im Laufe des Freitags, 22. September, dem zweiten Tage der Republik, begannen
die Freischaren den Vormarsch mit dem Ziel Freiburg. Eine Kolonne
rückte das Wiesental hinauf; die andere, mit Struve, Löwenfels und Blind, zog
nordwärts über Schliengen, wo damals die Eisenbahn ihr südliches Ende hatte,
nach Müllheim und in der Sonntagsfrühe nach Heitersheim. Wie stark war
dieses Volksheer? Die Schätzungen schwanken um Tausende. Es mögen da
in den drei Bataillonen noch je 600 bis 700 Mann gewesen sein, aber es wechselte
von Ort zu Ort durch Zuzug und immer mehr durch Flucht. Gar zu viele
waren in der allgemeinen Überraschung und in der Verwirrung der Meinungen
und Gefühle doch nur dem groben Zwange gefolgt. Solche Mitläufer
benützten jede Gelegenheit, sich wegzudrücken, je brenzliger es wurde, um
so mehr. Es gab gute Leute bei diesem Freischarenzug, Männer von Ernst und
bürgerlichem Ansehen, mit gutem Glauben an Einheit und Freiheit. Bald
mußten sie böse Ahnungen und bittere Einsicht haben, bei diesem Unternehmen
von einem wirklichkeitsfremden Fanatiker mißbraucht und betrogen
zu sein. Und doch harrten sie bis ins Gefecht aus, mit einem gewissen Trotz
sogar, wie der junge Rottra von Kirchen, jetzt auch mit der Tat für die bisher
nur im „Maulheldentum" bewährte freiheitliche Gesinnung einzustehen. Auf
die Mehrzahl der vorläufig noch Unentwegten und Unbedenklichen war aber
nach Charakter und Haltung wenig Verlaß. Der Kommandierende Löwenfels,
selbst kein Führungsheld und tatsächlich nur aus Verlegenheit zu diesem
Posten bestellt, hatte seine liebe Not mit dem LIaufen. Unbotmäßigkeit seiner
marschfaulen Scharen zwang ihn zur Aufgabe des direkten Angriffes auf Freiburg
. So setzte er d? neiden ersten Bataillone von Heitersheim gebirgswärts
in Marsch, daß sie sich in Todtnau mit der Wiesentäler Kolonne vereinigten.
Aber schon zeigte sich das Militär hart südlich Krozingen, und damit zog das
Schicksal seine Liitze über Staufen zusammen. Auch das besonders unbotmäßige
dritte Bataillon, das eigentlich noch hätte Rücken- und Flankenschutz
halten sollen, erreichte noch Staufen, allerdings durch Flucht empfindlich geschwächt
, denn eine kurze, harmlose Feindberührung mit einem Trupp Dragoner
hatte viele Beine in falscher Richtung in Bewegung gesetzt. So folgte
zum Beispiel vom Kircheuer Fähnlein ein ganzer Haufen nur zu gerne dem
Befehl seines Korporals: Rechtsum, Sulzburg zu!

Und nun schauen wir uns Struves Putsch von Staufen aus an. Es ist Sonntag
, der 24. September. Schon früh um 6 Uhr war eine schriftliche Ordre
Struves mit den üblichen drohlich formulierten Anweisungen eingegangen.
Die eilig zusammengerufene Gemeindeversammlung kam nach begreiflich erregtem
Verlauf zu dem Schluß, sich zu fügen, aber Sturm läuten wollte man
erst beim Einzug der Freischaren, den ansprengende Quartiermacher ankündigten
. Von Überraschung konnte also für die Staufener keine Rede sein, als
sich um V2II Uhr die erste Kolonne ziemlich lärmvoll dem Friedhof näherte.
Dort stob eine Trauergemeinde auseinander, und das Grab des Kirchendieners
Andreas Dietz trägt noch heute die Spur dieser unterbrochenen Beerdigung:
„Begraben am 24. September 1848" steht geschrieben an Stelle des Todesdatums
.

Noch in den Zwanzigerjahren hat der greise Staufener Bürger Eduard Vor-
grimmler erzählt, was er damals als achtjähriger Bub miterlebte. Er war
dabei, als ein paar Dutzend Staufener den Freischärlern zum Friedhof entgegenzogen
, voraus eine rote Fahne - - oder war es doch eine schwarzrotgoldene
? Bekenntnis zur radikalen Revolution oder Zeichen der deutschen

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