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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1958/0116
Namenskästchen des Schmiedeisenkreuzes trägt die Deckelaufschrift: ..Ein
Opfer der Revolntionskämpfe in Staufen, 24. Sept. 1848."

Einer der Musikanten konnte der schändlichen Exekution entkommen. In
Rottras Denkwürdigkeiten kann man lesen, was ihm der Gerettete, ein kräftiger
Bursche, später selbst darüber berichtet hat :

„Mitten auf der Kellertreppe ■ - die zwei anderen Soldaten waren schon
oben, die zwei hinteren mir hart auf der Ferse —, da drehte ich mich rasch um,
warf zunächst den hinter mir mit Gewalt zurück, daß er im Fallen auch den
anderen mit hinabriß, dann sprang ich die paar Tritte die Treppe hinauf, gab
dem vor mir stehenden Soldaten einen Stoß, daß er der Länge nach auf den
Boden fiel, und entfloh in einem Seitengang in den Hof. Eine Holzbeige an der
Mauer erkletterte ich rasch und drückte mich hinter derselben an der Mauer
hinunter. So war ich gerettet, mußte aber bis zum Abend in dieser nichts weniger
als angenehmen Lage verharren."

Rottras Weg in die Freiheit war noch abenteuerlich genug.

Die Masse der Freischärler, aus dem Gefecht in Staufen oder sonst rechtzeitig
entlaufen, hat sich schnell wieder in die Heimatorte verkrümelt. Das
Militär, nach wenigen Tagen wesentlich verstärkt, besetzte das ganze Aufstandsgebiet
, besonders die Grenzgemeinden. So kamen Einmischungsversuche
international gestimmter Berufsrevolutionäre, auf die Struve in Verkennung
der nationalen oder eng sozialen Antriebe der oberbadi sehen Aufständischen
auch noch spekuliert hatte, gar nicht mehr zur Wirkung. Kaum eine Woche
nach Struves lärmendem Start waren Ruhe und Ordnung wieder hergestellt.
Dem kleinen Mann aber, so vielen gutgläubig Irregegangenen und Betrogenen
blieb viel Sorge, Leid und Bedrückung durch ITaft oder Buße. Nicht
wenige Auswanderungen waren die Folge.

Und Struve? Bei Beginn des Kampfes blieb er mit Amalie auf dem Rathaus.
Nicht aus Feigheit, sondern auf scharfe Weisung des Kommandierenden Löwenfels
. Dieser kannte seinen Gustav und wollte sich von Struve nicht das bißchen
Plan noch verwirren lassen. Aber im Rathaussaal war es auch nicht ungefährlich
. Kugeln und Kartätschen von der Brücke her zersplitterten die Scheiben
des Saales, ein Staufener erhielt einen Lungenschuß, und noch heute kann man
die Löcher sehen, die eine Kugel in den rückwärtigen Wandschrank und in die
Jahresbände 1813/14 des darin verwahrten Großherzoglich Badischen Regierungsblattes
geschlagen hat. (Die Ironie scheint die Kugel gelenkt zu haben:
sie schlug in die Jahre der Befreiungskriege!) Struve achtete der Gefahr nicht.
Zuerst von oben, dann auf dem Marktplatz, rief er den Freischärlern mit
edlem Pathos und jäher Grobheit Mut zu und versuchte sogar, Fliehende mit
Säbelgefuchtel ins Gefecht zurückzutreiben. Über die Verwundung eines Freischärlers
bei dieser Stärkungsaktion und über den Wortlaut der „Auf-in-den-
Kampf.'"-Parolen Struves: „Steht, Freunde! - Wollt ihr stehen bleiben, ihr
Viehvolk! - - Dahin geht, ihr Hunde und schießt!" wurde später vor Gericht
ausführlich gestritten. Noch früh vor der Einnahme der Barrikaden flüchtete
Struve dann mit seiner Frau, seinem Schwager Pedro Dusar — „ein bescheidener
, artiger, junger Mann" - - und mit Blind ins Gebirg und erreichte spät in
der Nacht Todtnau. Unterwegs hatte man sich vorsichtshalber, wie Struve
aber versichert, wegen Durchnässung, Bauernkleider angelegt. In Todtnau
gab es in der Erregung über den Mißerfolg bei Staufen schweren Streit, besonders
mit den aufsässigen Schopfheimern, doch ließen sie Struve mit Anhang
schließlich abfahren. Er wollte in Lörrach neue Kräfte sammeln, sah sich
aber vor Schopfheim bedroht und wich, nun endgültig flüchtend, ins Wehratal

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