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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1959/0023
der spätgotischen Erweiterung weichen mußte. Mit dem Tod Herzog Bertholds V.
1218 und dem Übergang der Herrschaft an die Grafen von Urach erfolgt unter
zisterziensischem, durch nahe verwandschaftliche Beziehungen vermitteltem
Einfluß ein PatronatsWechsel des Münsters: während es zunächst dem H. Nikolaus
geweiht war, wird nunmehr die Muttergottes die Patronin. Das Niko-
lauspatronat geht über auf die gleichzeitig erbaute Pfarrkirche der Neuburg3.
Bei dem raschen Fortschreiten der Baukunst gerade in jener Zeit und dem Ehrgeiz
, bei den Neubauten mit den jüngsten Errungenschaften Schritt zu halten,
ist bei der Weiterführung des Münsterbaus ein mehrfacher Wechsel der Meister
und der Bauformen festzustellen, ohne daß dadurch die harmonische Gesamt-
erscheinung eine Beeinträchtigung erfahren hätte: die ersten Joche des Langhauses
zeigen burgundisch-frühgotische Formen, ihr Abschluß im Hochschiff
und die Weiterführung der Seitenschiffe erfolgt im Sinn der nordfranzösischen
Flochgotik, um 1280 ist der Turm bis zum Uhrgeschoß gediehen, aus dem sich,
zunächst noch freistehend, der Glockenstuhl erhebt. Durch einen provisorischen
Abschluß der beiden Ostjoche gegen die noch unvollendeten Westjoche waren
die Ostteile für den Gottesdienst benutzbar gemacht. Die S. Nikolaus-Kirche,
die Pfarrkirche der Neuburg, scheint nach alten Ansichten noch in spätromanischen
Formen, also wohl noch vor Mitte des 13. Jahrhunderts, erbaut worden zu
sein; an sie schloß sich ein Friedhof an, dessen Kapelle 1323 geweiht wurde. In
der Prediger- und Lehener Vorstadt wurde die ältere S. Peters-Kirche an dem
nach ihr benannten Peterstor Pfarrkirche; sie ist mit dem zugehörigen Friedhof
I2S8 neugeweiht worden. 1245 wird auf der Burg eine S. Lambertus-Kapelle
erwähnt; aus dem Nachlaß des 1191 auf dem Rückweg vom Kreuzzug in Freiburg
gestorbenen Bischofs Rudolf von Lüttich, eines Bruders Herzog Bertholds IV.,
kam ein Stück der Hirnschale des H. Lambert, des Patrons von Lüttich, in
den Besitz der Zähringer4. Eine ebenfalls in der Burg gelegene, 1295 erwähnte

3 Das Nikolaus-Patronat des Münsters zwischen der Stadtgründung 1120 und dem Übergang an die Grafen
von Urach 1218 ist zwar nirgends erwähnt, kann aber aus einer Reihe von Gründen mit Bestimmtheit
erschlossen werden:

I- Eine große Zahl städtischer Neugründungen hat als erste Pfarrkirche eine Nikolauskirche. Unter den
Zühringer-Gründungen trifft das für Freiburg/Schweiz (1157) zu; sonst z. B. Isny, Überlingen, Feldkirch
, Buchhorn-Friedrichshafcn.

2. Der Kirchweihtag ist bis 1383 der Nikolaustag: Datierung von Urkunden nach „S. Nicolaus kilvi".

3. Im Münsterschatz befindet sich ein Tragaltar, der eine Nikolausreliquie enthält. Er ist gefaßt mit über
Stanzen getriebenem vergoldetem Silberblech mit einer Wcllenranke mit Palmetten und Punkten aus
der gleichen Stanze, wie die Umrahmung der Demetriustafel im Weifenschatz. Damit erweist sich
die Fassung als eine Braunschweiger Arbeit des 3. Viertels des 12. Jahrhunderts (Georg Swarzenski:
Aus dem Kunstkreis Heinrichs des Löwen. In: Städel-Jahrbuch VII./VHI. Bd. Frankfurt a. M. 1932,
241—397, bes. 330). Heinrich d. L. heiratet 1148 die Schwester Herzogs Berthold IV. von Zähringen,
dementia. Die Ehe wird 1162 geschieden, aber Berthold IV. ist auch noch nach diesem Zeitpunkt in
Sachsen bei Heinridi d. L. nachweisbar. Der Nikolaustragaltar ist also eine Stiftung Bertholds IV. an
sein Münster.

4. Um 1200 wird unter Herzog Berthold V. an das noch stehenbleibende Langhaus des älteren, bald
nach der Stadtgründung erbauten Münsters Querschiff und Ghor eines reichen spätromanischen Neubaus
von Basler Bauleuten angebaut. Der Hanptcingang dieses Bauteils, der die Gruft der Herzöge
enthalten sollte, ist das südliche Querschiffportal, in dessen Bogenfeld der auf einem Faltstuhl
thronende H. Nikolaus dargestellt ist.

5. Mit dem Herrschaftswechsel 1218 bricht die romanische Bautätigkeit ab. Die Ostjoche des anschließend
in Angriff genommenen Langhausneubaus sind in zisterziensisch-frühgotischen Bauformen errichtet.
Zwei Oheime des neuen Grafen waren Zisterzienseräbte, einer eine Zeitlang im benachbarten
Tcnnenbach. Nicht nur burgundisch-zisterziensische Bauformen und Konstruktionen kommen auf
diese Weise nach Freiburg, sondern auch das Patronat des Münsters wechselt auf die von Zisterzienserorden
als Patronin bevorzugte Muttergottes. Das alte Nikolauspatronat wird auf die nach
alten Ansichten und wenigen Resten ins 1. Drittel des 13. Jahrhunderts zu datierende neue Kirche
der Vorstadt Neuburg übertragen. Im Marienmünster wird nunmehr die südliche Querschiffkapelle
dem H. Nikolaus geweiht.

4 Fr. U. B. Bd. I, 70, Nr. 85. — Josef Clauß: Die St.-Lambertus-Büste in Lüttich und ihre Nachbildung in
Baden und Elsaß. In: Schauinsland Jg. 67 Freiburg i. Br. 1941, 51 f. Wenn Clauß über das 1191 nach Frei-
burg gelangte. Stück der Hirnschale des H.Lambert weiter schreibt: „Es blieb im Besitz der Familie
und kam beim Bau des obe re n Schlosses durch Berlhold II. in die ihm deshalb geweihte Burgkapclle",
so beruht das auf einem Irrtum, denn Berthold IT. hat die Burg 1091 erbaut.

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