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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1959/0055
des sogenannten „Weichen Stils". Die eckig und ein wenig scharf gewordenen
Ränder des Lendentuches lassen auf das Jahrzehnt zwischen 1430 und 1440
sehließen.

Macht die Datierung auch keine Schwierigkeiten, so fehlt für das Einfügen
in einen bestimmten, landschaftlich gebundenen Schulkreis jedwede nähere
Nachricht0.

In den Klöstern am Oberrhein aber scheinen solche Bildvorstellungen zu
Hause gewesen zu sein. Denn der einzige, in Charakter und Ausdrucksgehalt,
wenn auch nicht genau im Typus, verwandte Schmerzensmann befindet sich
auf einem Altar, der um 1460 für das Dominikanerinnenkloster Adelhansen
in Freiburg gemalt worden ist7. Auf seinem rechten Flügel sind Thomas von
Aquin, Petrus Martyr und Dominikus zu sehen, denen Christus, wenn auch
mit nach unten gekreuzten Armen, so doch im ganzen in einer sehr verwandten
Darstellung erscheint (Abb. 3).

Auch für den plastischen Stil unseres Schmerzensmannes können oberrheinische
Bildwerke herangezogen werden. Er ist in die Gruppe um den
„Meister des Frankfurter Paradiesgärtleins" einzureihen, besonders nahe an
das spielende Christkind, das aus dem Villinger Franziskanerkloster stammt8
(Abb. 4). Nicht nur in Einzelheiten des Gesichtsschnitts und der Körperbildung
, etwa den eckigen Schultern, auf denen der Kopf fast halslos aufsitzt,
den betont großen, knöchernen Händen oder dem Einschnitt der „Taille" über
dem Leib, sind beide Skulpturen eng miteinander verwandt, sondern vor
allem spricht dieselbe künstlerische Auffassung zum Thema aus ihnen: Beide
Werke müssen von einem Meister stammen, der sich in die Geschichte des
Herrn mit der ihm eigenen LIingabe zu vertiefen wußte, die ihn befähigte,
das Paradiesische ebenso wie das Leidvolle dem Anbetenden unmittelbar vor
Augen zu stellen. Diesem Meister, dessen Originalität in der Erfindung von
Bildwerken immer wieder überrascht, ist auch die Bearbeitung des Kunststeingusses
durchaus zuzutrauen, der ebenso wie Alabaster als Material am
Oberrhein im frühen 15. Jahrhundert sonst nicht weiter nachzuweisen ist9.

Mit dem Schmerzensmann, den man sich ursprünglich in einer tabernakelbekrönten
Nische, zur privaten Andacht und persönlichen Verinnerlichung
des Mitleidens aufgestellt denken muß, etwa im Kreuzgang eines Klosters,
vergrößert sich die Gruppe um den oberrheinischen „Meister des Frankfurter
Paradiesgärtleins" auf fünf Bildwerke10. Auch mit den beiden Berliner Reliefs
verbinden Einzelheiten, wie die Haarsträhnen, oder der etwas zaghafte Zug
um den Mund, dort bei dem toten Christus und dem hl. Joseph. Vor allem
aber charakterisiert diese ganze Gruppe die gleich nahe, kindlich-märchenartige
Erzählergabe, die in dieser Eindringlichkeit in der deutschen Plastik
um (400 nicht wieder erreicht worden ist.

ß Aus dem Kunsthandel, jetzt Freiburgcr Privatbesitz.

t Freiburg, Augustinermuseum, Inv. Nr. 11 503. Für die freundliche Überlassung des Photos danke icli
Herrn Direktor Dr. Gombert.

S 1. Geisler: Oberrheinische Plastik um 1400, Berlin 1957, S. 14 ff. Kat. Nr. II, 5. Alabaster.
'•> Vgl. Gcislcr: a. a. O. S. 56, Anm. 52

11 Geisler: a. a. O. S. 44. Kat. II, 4 Christus von einem Engel aus dem Grabe gehoben, Relief, Berlin.

Kat. II. 6 Heilige Familie, Relief Berlin.
Kat. II, 7 Sitzende Muttergottes, Strafiburg, Frauenhaus.

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