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Zur Deutung des Freiburger Stadtsiegels1
Ein Beitrag zur Erforschung der Symbolik von Königsfrieden und Königsbann
Von Bereut Schwineköper
Siegel- und Wappenkunde werden nicht immer als besonders ertragfähige
Forschungsbereiche angesehen. Meist gelten sie als Gehilfen der eigentlichen
Geschichtswissenschaft, der es demnach allein vorbehalten bliebe, vom Baum
der Erkenntnis zu zehren. Nur ausnahmsweise, wie bei der Lösung genealogischer
Zusammenhänge, werden Heraldik und Sphragistik in den Vorhof
des Allerheiligsten eingelassen; sonst aber bleibt die Arbeit auf diesen Forschungsgebieten
meist interessierten Laien, wie den oft direkt betroffenen
Angehörigen des Adels, pensionierten Offizieren, Künstlern und gelegentlich
einigen Archivaren und Herausgebern von Urkundenbüchern überlassen.
Nun wäre es zweifellos ungerecht, wollte man nicht anerkennen, daß von solchen
Kräften in bezug auf die Sammlung des Materials sehr Nützliches geleistet
worden ist. Es kann aber andrerseits nicht übersehen werden, daß diese
häufig eigene zeitbedingte Vorstellungen bewußt oder unbewußt auf diesen
Bereich übertragen haben. So war z. B. die Heraldik lange Zeit zu einer gewissen
Sterilität verurteilt, weil man glaubte, die festen Regeln und Vorschriften
, welche die monarchischen Heroldsämter des 19. Jahrhunderts in sehr
starrer Weise für ihre modernen Aufgaben entwickelt hatten, im völlig anders
gearteten Mittelalter aufdecken zu können2. Eine andere Richtung ließ sich
von abwegigen Vorstellungen über die germanische Vergangenheit unseres
Volkes leiten. Sie vermeinte deshalb in allen Wappen Spuren der germanischen
Runen wiederfinden zu können3. Ähnliche Irrwege ließen sich noch
unschwer anführen. Es zeigte sich aber hier wie auch sonst, daß moderne Verhältnisse
sich ebensowenig auf die Vergangenheit übertragen lassen wie phantastische
Wunschbilder. Vielmehr muß die Vorzeit aus sich selbst heraus erklärt
werden. Das bedeutet für Teilgebiete wie Heraldik und Sphragistik, daß sie
nur aus einer umfassenden Gesamtkenntnis der Vergangenheit heraus und
unter Verzicht auf moderne Vorstellungen mit Aussicht auf Erfolg nutzbar
gemacht werden können.
Nur am Rande sei übrigens vermerkt, daß auch die Kunstgeschichte, von
einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, die genannten Arbeitsbereiche ziem-
1 Für die folgenden Darlegungen, die am 28. April 1960 vor dem Breisgau-Gesehichtsverein „Schauinsland
'* vorgetragen wurden, ist aus verschiedenen Gründen die äußere Form des Vortrags beibehalten
worden.
2 Vgl. 7.. B. F. Hauptmann, Wappenrecht, Bonn 1896.
3 B. Koerner, Handbuch der Heroldskunst, Bd. 1—4, Görlitz 1920 ff.
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