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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1960/0076
eindeutigen Landstreichergesichtern; bei Hebel sind sie zwar zu allerlei Gaunereien
fähig und willens, können - und wollen - - aber in Kleidung und
Auftreten durchaus noch für achtbare Leute gehalten werden. Bei allem Humor
im Mimischen und Physiognomischen sind Stockmanns Strolche für eine
Hebel-Erzählung vielleicht etwas zu überbetont gezeichnet - - sie wirken wie
aus dem Märchen, das ja oft auch nur mit dem aufs Äußerste gebrachten Typus
arbeitet. Stockmann, 1867 in Passau geboren und 1939 in München gestorben,
hat ein umfangreiches illustratives Werk hinterlassen, das durch seine gefällige
Manier viel Beifall gefunden hat, freilich aber für jeden Stoff die gleiche
Handschrift und das gleiche Ausdrucksrepertoire anwendet.

Folgen wir weiter dem zeitlichen Ablauf, so haben wir es nun mit Adolf
Glattacker 74 zu tun. Glattackers Illustrationen zum „Schatzkästlein" waren
in einer 1906 bei Ackermann in Konstanz erschienenen Ausgabe des „Schatzkästleins
" enthalten gewesen und sind von Dieffenbacher bereits besprochen
worden; die Illustrationen allein sind 1926 im gleichen Verlag noch einmal
gesondert herausgekommen. In unseren Zeitraum fallen vor allem Glattackers
Zeichnungen zu dem Hebelgedicht „Die Wiese"; sie erschienen 1938 in Lörrach
als Buch, zusammen mit dem Gedichttext, und stellen eine Folge von 19
großformatigen Federzeichnungen und einigen kleinen Vignetten dar. Bevor
wir sie betrachten, seien ein paar Daten ins Gedächtnis gerufen: Adolf Glattacker
ist 1878 in Wehr i. W. geboren. Er hat an den Kunstakademien von
Karlsruhe und Paris studiert, ist aber immer mit seiner Heimat verbunden
geblieben. Er lebt und arbeitet in Lörrach-Tüllingen. Er hat Adele Illustrationen
vor allem heimatlicher Prägung geschaffen, so im Eckhart-Kalender, aber
auch selbständige Graphik. Er gehört zu den bekanntesten lebenden oberrheinischen
Malern der Gegenwart, und eine reiche, wenn auch größtenteils
heimatlich interessierte Literatur beschäftigt sich mit ihm. Er hat durch seine
bestimmte Art der Hebel-Interpretation — sprach man doch von einem „allzu
freundlich glattgeackerten idealisierten Hebel-Bildnis"75 - - ebensoviel begeisterte
Zustimmung gefunden wie Anstoß erregt.

Das Eingangsbild zum Gedicht „Die Wiese"76 mag uns mit Glattacker
bekannt machen, soweit wir es nicht schon sind (Abb. 12). Die Technik Glattackers
ist bei allen diesen Illustrationen gleich: Er zeichnet mit der Feder,
etwas strichelnd, mit einer fast ängstlichen Präzision, die von der harten Umgrenzung
der Rahmen noch unterstrichen wird. Das Dargestellte läßt in seiner
manieristischen Genauigkeit der Phantasie wenig Spielraum mehr. Die Auffassung
ist dennoch so lyrisch-romantisch, daß man fast von einer Ludwig
Richter-Nachfolge sprechen könnte, wobei man sich nur bewußt bleiben wird,
daß bei Richter die größere Lieblichkeit und Aussagekraft anzutreffen ist.
(Dies soll jedoch nicht heißen, daß Hebel lieblich zu interpretieren sei.) Eine
zutrauliche Naivität und ein ehrliches Bemühen um den Gesamtgehalt des
Hebelgedichts wird man Glattacker keinesfalls absprechen dürfen. Zwar gibt
es in seinen Zeichnungen Härten; sie entstehen eigentlich vor allem durch
übergroße Genauigkeit, ja Enge der Interpretation, die sich auch an Dinge
wagt, die kaum mehr im Bilde darstellbar sind. Härten sind auch dort fühlbar
, wo Glattacker in seiner Auffassung allzu stark an die Zeit nach der Jahrhundertwende
gebunden bleibt.

74 Vgl. Vollmer Bd. 2. Leipzig 1955, S. 256; A. Glattacker, Mein Weg zu J. P. Hebel (Bad. Heimat 40
[1960], S. 189—195).

75 E. Meckel, Umriß zu einem neuen Hcbelbildnis, Lörrach 1957, S. 8.

76 Die Wiese, Alemannische Dichtung von J. P. Hebel, darnach in Bildern gestaltet von Ad. Glattacker,
Lörrach-Tüllingen 1958, 8S S., Bild S. 21; auch abgedruckt in Bad. Heimat 40 (1960), S. 110.

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