Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1961/0010
römische Recht ein historisches Erbe, das es rein nnd unverfälscht zn bewahren
oder wieder herzustellen galt : - für den vom mos Italicus beeinflußten Praktiker
war es ein beliebig knetbarer Stoff, dem er diese oder jene Gestalt zu
geben suchte, wie es die Zeit und Lage zu erfordern schien. Was lehren uns
die Gutachten von Ulrich Zasius über seine Haltung? Es sind Gutachten über
Fragen aus aller Art Rechtsmaterien, erstattet für Hoch und Niedrig, für den
Kaiser so gut wie für einfache Leute aus der Nachbarschaft. Das römische Recht
spielt darin naturgemäß eine beträchtliche Rolle; je höher die Gerichte, an die
sich der Gutachter wandte, desto selbstverständlicher seine Anwendung. Aber
das einheimische Recht wird darüber doch nicht ganz vernachlässigt; soweit
es „uss guten alten titel und gebruche kerne", läßt Zasius dasselbe auch „wider
die recht" bestehen. Ein andermal heißt es, das Statutarrecht von Offenburg
sei ein „fry recht" „und heisst dorum ein fry recht, daß es dem gemeinen,
geschribnen rechten n i 11 underworffen". Alles gesetzte Recht aber hat sich
an den Maßstäben des Naturrechts zu rechtfertigen: „Das Zivilrecht ist
seinem Ursprung nach nichts anderes, als eine gewisse Erklärung oder Ergänzung
des Naturrechts."

In den Gutachten von Zasius waltet häufig ein frischer Ton; mit seiner
krausen Schrift, die dem heutigen Leser manches Problem aufgibt, und in
seiner lebendigen, oftmals originellen Sprache nimmt Zasius kein Blatt vor
den Mund und sticht merklich ab gegen den akademischen, meist langweiligen
und vielfach mit Zitaten überladenen Stil seiner Gegner. Hören wir einmal,
wie er in einer Prozeßsache mit einem Spruch von Bürgermeister und Rat zu
Basel, den er für unzuständig erklärt, ins Gericht geht! „Deshalb haben die
von Basel ir Sichel in ein frömbde ern (= Ernte) wider recht unnd alle Vernunft
gestreckt, so si sich frömbder Spenn, die si nit angend, und darumb ken anlass
uff si gesetzt ist, beladen haben."

Anderes sind Prozeßschriften. In einem großen Eheprozeß, der die Basler
„gute Gesellschaft" nahezu in zwei Lager spaltete und der jahrelang vor dem
bischöflichen Gericht, zeitweise auch vor demjenigen des Metropoliten in
Besancon schwebte, trat Zasius als Anwalt des Klägers Peter von Wys-
senburg, Kaufmann und Bürger von Basel, auf, der sich 1523 durch eine
Stiftung von 4000 Gulden für die Armen ein Denkmal gesetzt hat. Vermutlich
waren es die Zasius-Schüler beim bischöflichen Gericht, die oben erwähnten
P 1 u d a n u s und Schmotzer, die Zasius diesen zahlungsfähigen Mandanten
verschafft hatten. Er klagte gegen seine junge Frau, Verena Einfalt
i g , die Tochter des Tuchhändlers und Dreizehnerherren Heinrich Einfaltig
von Basel, und behauptet wurde Ehebruch. Lassen wir doch einmal die
wunderbar anschauliche Aussage der beiden Hauptbelastungszeugen über den
vermeintlichen Ehebruch des Sechsers Bernhard Meyer an uns vorüberziehen
, die den Stil einer Novelle von Bocaccio hat:

„Item in der Frankfurter Herbstmeß als ongeverlich by den dryen oder
vier Jaren verlauffen sind, hat es sich uff ein nacht begeben, das Jerg
Lutz, der Nadler, und H e r m a n Krämer, der nadlentrager (= Hausierer
), von Friburg im Brißgau by eynander uff der gassen vor Peter von
Wyßenburg huß gestanden, als alle gaden (= Läden) beschlossen warendt.
Umd als sie da gestanden sind, haben sie des genanten Peters husthuren
gesehen offenstan, unnd do hat sie verwünderet, das die thür so spat offengestanden
waß. Glich so kumpt Bernhardt Meyer daher, unnd ging
also für der thuren uff und nider, alß weite er gern in das huß sin gegangen.

8


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1961/0010