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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1961/0024
Notar in das Werk des späteren Juristen Zasius übergegangen ist, dürfte in der
Hauptsache in reicher Kanzleierfahrung bestehen. Er selbst hat, wie ein eher
böses Diktnm zeigt, vom Bildungsstand seiner ehemaligen Notarskollegen
wenig gehalten49; aber vielleicht verbirgt sich hinter der abfälligen Bemerkung
doch auch ein Stück Humanistenhochmut, den man, bei aller Achtung vor
humanistischem Streben, doch nicht übersehen darf, und vielleicht - - das letzte
Wort darüber scheint mir noch nicht gesprochen zu sein - - ist sein vermuteter
Einfluß auf die Reichsnotariatsordnung von 1512 doch auch von eigenen notariellen
Erfahrungen bestimmt. Gewiß: der Notar des deutschen Spätmittelalters
- - vom Notariat in anderen Ländern und Zeiten hier ganz zu schweigen
- war vielfach ein Halbgebildeter, vom Recht her gesehen eher ein Angelernter
als ein Gelehrter. Seine wichtige Funktion im Rechtsleben jener Zeit und bei
der Verbindung einheimischer Gewohnheit mit römisch-gemeinem Recht darf
jedoch nicht unterschätzt werden. Aus dem Stand der Notare sind bedeutende
Männer, bedeutend in beamtenmäßiger Verwaltung und im Rechtsleben, hervorgegangen
; neben Ulrich Zasius wäre dabei vor allem Ulrich Tengler, der
Verfasser des „Laienspiegels", zu stellen50. Wenn noch im neueren Schrifttum,
das mitunter allzu pragmatisch das historische Beispiel beschwört, der Notarsstand
der guten alten Zeit über Gebühr herabgesetzt wird, ist man geneigt,
vor oberflächlichen modernen Werturteilen zu warnen und im Hinblick auf das
bland werkliche, das dem Notar des Spätmittelalters und der beginnenden Neuzeit
anhaftet, im Hinblick aber auch auf die Haltung des Humanisten Zasius
selbst, mit Hans Sachs auszurufen: „Verachtet mir die Meister nicht!"

Signet des Zasius
vom „Schaffhauser Instrument".

49 „lndoctum pecus" nannte er die zeitgenössischen Notare: O e s t e r 1 e y a. a. O. I S. 483. Im übrigen ist
es Humanistendeakweise, wenn Zasius ex post seinen eigenen früheren Bildungsstand und seinen
barbarischen Stil verspottet: v. Liebenau a. a. O. S. 479. Als Zasius 1507 den Notar Jakob Lieb
genannt Frankfurter aus Villingen, geschworenen Prokurator am Kaiserl. Hofgericht zu Rottweil, zur
Aufnahme seiner Protestation heranzog, nannte sich dieser, die Denkweise seines Auftraggebers wohl
richtig einschätzend, „laicus literatus" — eine sonst im Notarsbrevier ungewöhnliche Vokabel! (R i e g -
g e r a. a. O. S. 152).

50 über Ulrich Tengler als Stadtschreiber und Notar vgl. G. Bürger. Die süddeutschen Stadtschreiber
im Mittelalter (i960) S. 37 u. ö. Tenglers Signet von 1483 (Stadtarch. Nördlingen, Urk. 3967) zeigt, weit
kühner und schwunghafter als das Zeichen des Zäsi, über dem Tintenfaß (?) gekreuzten Federkiel und
Schlüssel, knüpft damit nun aber stark an alte Formen an — auch ein Hinweis auf den geistigen
Abstand zwischen den beiden Männern, die immerhin beide dasselbe Ziel vor Augen hatten, nämlich
dem Recht ihrer Zeit zu dienen. — Den Versuch, die Anonymität des mittelalterlichen Notars am Beispiel
eines vielbeschäftigten öffentlichen Schreibers zu durchbrechen, unternimmt K. O. Konow,
Joh. Hakler, apostol. u. kaiserl. Notar in Frankfurt a. M. (1959).

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