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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1961/0033
zurück. Dort hatte Stintzing ausgeführt: „Wie schon früher die Konflikte
Wimphelings mit den Augustinern in kleinerem Kreise die Gemüter erregt und
Zasius zum öffentlichen Bekenntnis seiner Opposition gegen das anmaßende
und verderbte Mönchswesen seiner Zeit bewogen hatte, so waren es jetzt die
Händel Reuchlins mit den Kölner Dominikanern, welche die aufgeklärten
Köpfe in ganz Deutschland beschäftigten und zu einem stillen Bunde vereinten.
Auch in unserer Freiburger Sozietät fehlte es nicht an reger Parteinahme für
Reuchlin und wie wohlbekannt diese Sinnesart des Zasiusschen Hauses in
Deutschland war, zeigen uns die Briefe der Dunkelmänner. Unter diesen findet
sich auch ein ,Carmen rhytmicale' des Magister Schlauraff, worin er die auf
seiner Rundreise durch Deutschland erlebten Abenteuer schildert. Die Reuch-
iinische Partei hält hier gleichsam Musterung über ihre Kräfte. Fast überall
hat der arme Mann nur die schlechteste Aufnahme zu berichten. So auch in
Freiburg, von wo er seine Erlebnisse uns in dem eigenen denkwürdigen
Küchenlatein erzählen möge:

Et ivi ad Friburgiam quaerens misericordiam;

Sed ibi multi nobiles, armati et horribiles,

Reuchlin defenderunt et mihi mortem minaverunt,

Nec non unus vetulus, qui vocatur Zasius,

llle antiquus iurista, quaesivit, an sum Scotista.

Respondi: ,Doctor sanctus est mihi autor summus;'

Tunc fecit me risibilem, quod habui pudorem.

Et statim quidam Amorbach spricht: Ich wyl eyn anders machen,

Und langet mir die britschen her, so will ich ihn eyn newes lern."

Sic fui hinc fugatus, quia sum ad miseriam natus"3.

Das ist alles, was Stintzing über den Gegenstand berichtet4. In der späteren
biographischen Literatur über Zasius wurde diese Ansicht unbesehen und ohne
Prüfung ihrer historischen Grundlage übernommen, so von Joseph Neff, der
lediglich hinzufügte: „Da schon Stintzing das Gedicht besprochen hat, sehe ich
von weiterer Behandlung ab"5. Auch in der neuesten biographischen Würdi-

3Roderich Stintzing, Ulrich Zasius, Basel 1857, S. 170 f. Der in Stintzings Wiedergabe in den
letzten Zeilen etwas verderbte Text wurde von mir emendiert nach: Eduard Böcking, Ulrichi
Hutteni Equitis Operum Supplementuni I, Leipzig 1864, S. 202, und Aloys Börner, Epistolae
obscurorum virorum, II, Heidelberg 1924, S. 108; daselbst eine ausführliche Darstellung über die Epistolae
. Hier sei ihre Charakterisierung durch einen anderen ausgezeichneten Kenner des Zeitalters, seiner
Literatur und ihres Geistes, Paul Joachimsen, wiedergegeben: „Hier liegt die Bedeutung der Dunkel-
männerbriefe. Sie sind und bleiben das glänzendste Erzeugnis der satirischen Zeit, wTelche der
Humanismus geschaffen hat. Mit Recht hat man in ihm die Vereinigung dreier Elemente gefunden, der
mittelalterlich-scholastischen Mönchsspötterei, die sich behaglich über sich selbst lustig macht, der
volkstümlichen deutschen Satire, die das Lächerliche in den einzelnen Ständen heraushebt, und der aus
Italien stammenden Charakterisierüngskunst der Renaissance, die den Typus zum scharfumrissenen
Individuum verdichtet. Und wenn es das Wesen der Satire ist, daß sie aus dem Gefühl geistiger Überlegenheit
bei sozialer Gebundenheit entspringt, so nehmen auch in dieser Hinsicht die Dunkelmänner-
Briefe einen ersten Rang ein. . . . Wir wissen, daß der Geist des ersten Teils der des Mutian, des
zweiten der Geist Huttens ist"; joachimsen, Der Humanismus und die Entwicklung des deutschen
Geistes, Deutsche Yierteljahrssehrift für Literaturwissenchaft und Geistesgeschichte, VIII, 1930, S. 461.

* Zur Erklärung fügt er auf S. 171 folgende Anmerkung 2 hinzu: „Der ,Doctor sanctus' ist Thomas von
Aquino, der kanonisierte Lehrer des Dominikanerordens; Duns Scotus ist bekanntlich der Lehrer des
I'ranziskanerordens und Nominalist. Die Nominalisten, Scotisten, moderni galten damals als Partei
des Fortschritts". Bereits in der älteren Reuchlinliteratur wird Zasius lediglich auf Grund seiner Erwähnung
in den Epistolae obscurorum virorum als Reuchlinist betrachtet; so von C. Meiners,
Lebensbeschreibungen berühmter Männer aus den Zeiten der Wiederherstellung der Wissenschaften, I,
Zürich 1795, S. 156; Ernst Theodor Mayer h off, Johann Reuchlin und seine Zeit, Berlin
1830, S. 219.

5 J o s c p h Neff, Udalricus Zasius, ein Beitrag zur Geschichte des Humanismus am Oberrhein, I
(Beilage zum Programm für das Schuljahr 1889—90), Freiburg i. Br. 1890, S. 26 f., Anm. 68. Richard
Schmidt, Zasius und seine Stellung in der Rechtswissenschaft (Freiburger Prorektoratsrede),
Leipzig 1904, S. 34, schreibt: ..Zasius nahm an dem allem [Kampf des Humanismus gegen die Kölner
Do minikaner] mit inniger Freude Anteil; das gleichzeitige Witzblatt der Humanisten, die Briefe der
Dunkelmänner, konterfeiten sein Haus als einen vergnügten literarischen Zirkel, Bonifacius Amerbach
mitten darin als neckischen Kobolt."

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