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die Zulässigkeit des Drucks und der Verbreitung des Korans auf des „hochgelehrten
weiland Doctors Reuchlin Ratschlag" und sein Buch „Der Augenspiegel
" Bezug, schließt sich Reuchlins Argumentation an und zieht aus seiner
Stellungnahme Folgerungen für den ihm selbst vorliegenden RechtsfalP8.

So spärlich die Niederschläge in den erhaltenen Briefschaften und Dokumenten
auch sein mögen, so gestatten sie doch keinen Zweifel an der Tatsache,
daß die Familie Amerbach über die causa Reuchlin unterrichtet war, für sie
Interesse gezeigt und solches bis zum Ende, ja über Reuchlins Tod hinaus
bewahrt hat. Bei den engen Beziehungen zu Zasius kann es ferner als ausgeschlossen
gelten, daß kein Meinungsaustausch mit ihm über die Angelegenheit
erfolgt wäre, welche damals die Gemüter der ganzen gebildeten Welt so stark
bewegte. Auffallend ist nur eine zwar bloß aus dem Stillschweigen der Quellen
ermittelte, aber doch mit hinreichender Gewißheit festgestellte Tatsache. Am
19. Februar 1519 bietet ein nicht näher bekannter Korrespondent, Dionysius
Kessel aus Pforzheim, möglicherweise ein Verwandter Reuchlins, Bonifacius
Amerbach, damals noch in Freiburg, an, ihm ein kürzlich von Reuchlin empfangenes
Exemplar der zu seinen Ehren veröffentlichten Schrift Triumphus
zuzuschicken29. Es kann sich nur um die erste Ausgabe dieses Lobgedichts
Ulrichs von Hutten handeln30. Aber kein späteres Schreiben meldet die Annahme
des Anerbietens, noch ist ein Exemplar dieses sehr seltenen Erstdrucks
in der Amerbachschen Bibliothek enthalten, die so gut wie vollständig in der
Basler Universitätsbibliothek aufbewahrt wird31.

28 Gutachten an den Basler Rat betreffend den Druck des Korans, 25. August 1542, H a r t m a n n , V,
Anhang, Nr. 6, S. 498 f., Z. 175—196: „Glicher mofl vnd gstalt wurt nitt geburlich anzogen die handlung
der juden biecher belangendt, so zuo zyten hocliloblicher gedechtniss keiser Maximilian sidi zuo-
gedragen. Was datzmol nitt die frag, ob man der Juden Talmudt oder ire biedrer in latin verdol-
metschett vnder die Christen in druck solt vsspreitten, wie dan yetz die frag ist, ob man der Turcken
Alcoran in latin verdolmetschet vnder die Christen in druck soll lossen vssgon; sunder dotzmol was
die frag, ob man den Juden ir Talmud vnd biedier nemmen vnd verbrennen solt. Uas ist gar ein
andere frag. Do ist datzmal des hochgelerten wylant doctor Reuchlin ratschlag gewesen, das man den
Juden ir biecher on vndersdieid nitt nemmen solle, angesehen das sy vil biecher hetten, so von natur-
iidien vnd anderen dingen Christo vnd vnserem glauben nitt zewider. Hargegen aber dieweil yetz-
gemelter Reuchlin datzmal beratschlaget, das die biecher, so Christum, sine werde muoter vnd helgen
sdimädien, audi den Juden sollen genummen vnd verbrent werden (iut sines buodis »der augenspiegel«
geneinpt), wievil mer soll das schantlich laster buoch Alcoran, so zuo schmadi Christi, den es ein
gottes sun sin leugnet vnd die gantze heilige gesdirifft, beide niiw vnd alte Testament, sampt vast
allen vnsers glaubens articul verwürfft, auch in das alle ketzeryen, bitz vff Mahomets zyt entsprungen,
wie in ein pestilentzische mistlachen zuosamen geflossen, wie vil mer, sag ich, soll das vnder den
Christen nitt gelitten noch durch den druck vsgespreittet werden". Dieser Exkurs Amerbadis war offenbar
durch den Hinweis auf Reuchlins Stellung in dem Schriftenstreit veranlaßt, der in Pellicans Brief
an Amerbach vom 8. August 1542 vorangegangen war; vgl. Hartmann, V, Nr. 2488, S. 378, Z. 62—64
und Anm. 2; ferner Nr. 2496, 2497, 2509, 2511; J. V. P o 1 1 e t , Martin Bucer: Etudes sur la correspon-
dance avec de nombreux textes inedits, I, Paris 1958, XII, S. 177—193.

29 Hart mann, II, Nr. 646, S. 149, Z. 15—20: „Praeterea summus ille Capnion noster nuper ad me misit
Triumphuni in eius laudem editum et decantatum nescio a quo sub cuiusdam Eleutherii Bizeni nomine,
cuius autorem se per Jouem lapideum nescire ad me seripsit optimus ille Reuchlin. Horum si quid
cupis, me certiorem redde et accipies. Nihil enim est, quod Bonifacii causa non facturus sit Dionysius".

30 Vgl. Hartmann, II, S. 150, Anm. 3; dazu Allen, III, Nr. 636, S. 58 f., Z. 26—34, Brief des Erasmus
an Graf Hermann von Neuenahr, Louvain, 25. August 1517. Am 6. März 1519 berichtet Ulridi Hutten
von Mainz dem Erasmus die eben erfolgte Publikation des Triumphus: „Triumphus Capnionis in lucem
prodiit, magno theologistarum fremitu"; Allen, III, Nr. 923, S. 502, Z. 29—30; vgl. Nr. 636, S. 58 f.,
Z. 26—34; Nr. 951, S. 554, Z. 41. Die erste Ausgabe (von 1518) ist bei B ö c k i n g , I, S. 26*, Nr. XVI, 1,
ausführlich beschrieben und als schon im 16. Jahrhundert sehr selten angegeben. Sie allein ist auf dem
Titelblatt als „Triumphus, Doc. Reuchlini, habes studiose lector, Joannis Capnionis viri praestantissimi
Encomion" bezeidmet. Der Titel der vermutlich ein bis zwei Jahre späteren (B ö c k i n g , I, S. 26* f.,
Nr. XVI, 2) lautet: „Joannis Reudilin viri clarissimi Encomion." Das Gedicht ist neu abgedruckt bei
B ö c k i n g , III, S. 413—448; vorher sdion bei Hermann von der Hardt, Historia Literaria
Reformationis, II, Frankfurt und Leipzig 1717, S. 148—156.

31 Das ist schon daraus zu folgern, daß H a r t m a n n , a. a. O., auf kein in Basel vorhandenes Exemplar
hingewiesen hat. Es wurde auf meine Anfrage von Dr. Max Burckhardt von der Basler Universitätsbibliothek
bestätigt. Daselbst sind nach seiner Auskunft nur zwei Exemplare der späteren Ausgabe
(Encomion) vorhanden, von denen keines Amerbachs bekannten Eigentümervermerk zeigt. Das
eine stammt aus der Kartause, das andere gehörte im 17. Jahrhundert Remigius Faesch, vorher Socinus,
noch früher Johannes Sphyractes „et amicis" und zuerst Felix Oander.

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