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sie diese in Wort und Schrift verteidigten. Mehrere der größten Gönner der
Feinde habe er ihrer Partei verdächtig oder gar verhaßt gemacht35.

Eine ähnliche Tendenz scheint auch in manchen Fällen bei den Verfassern
der Epistolae obscurorum virorum eine Rolle gespielt zu haben. Schon Geiger
hat zutreffend darauf hingewiesen, daß in der Reuchlin-Forschung „die Berichte
der Gegner Reuchlins meist gar nicht gelesen worden sind, während zum Beispiel
jede Angabe aus den Briefen der Dunkelmänner als bare Münze in Kurs
genommen wurde"36. Ein anderer vortrefflicher Kenner der Materie und Erforscher
der Kampfschriftenliteratur, welche die Reuchlinsche Streitsache hervorbrachte
, Meier Spanier, ist zu dem gleichen Schluß gekommen. Im neunundfünfzigsten
Briefe des zweiten Teils der Epistolae obscurorum virorum erscheint
Thomas Murner, der auch ein dem Humanismus verpflichteter Jurist
war, als Haupt der Verschwörung zugunsten Reuchlins gegen die Kölner Dominikaner
; auch wird er daselbst als Verfasser einer Verteidigungsschrift für
Reuchlin bezeichnet. Die Untersuchung der historischen Richtigkeit dieser Angaben
leitet Spanier mit der folgenden, allgemein beachtenswerten Betrachtung
ein: „Bei der Beantwortung dieser Frage hat man in Betracht zu ziehen, daß
man Bemerkungen der Dunkelmännerbriefe nicht so wörtlich zu nehmen
braucht. Diese Stachelschriften sind ja keine geschichtlich sachlichen Berichte.
Man darf nicht vergessen, daß hier auch versucht wird, die Zahl der Reuchlin-
Anhänger als gewaltig groß erscheinen zu lassen, schwankende Persönlichkeiten
unter die Fahne zu stellen und vor allem, die Gegner zu verwirren"37.

Die gleiche Tendenz muß nun auch der Hervorhebung von Zasius und Boni-
facius Amerbach im neunten Briefe des zweiten Teils der Epistolae obscurorum
virorum, dem Carmen rhytmicale des Magister Philippus Schlauraff unterstellt
werden, wenn man sich um sein richtiges Verständnis bemüht. Dieser poetische
Reisebericht, nach David Friedrich Strauß „ohne Frage das Prachtstück der
ganzen Sammlung", hat unzweifelhaft Ulrich von Hutten zum Verfasser, von
dem bezeugt ist, daß er ihn am 9. September 1516 vorgelesen hat38. Hatte er es
auch nicht verstanden, jene Verbindung der humanistischen mit der juristischen
Bildung zu erreichen, die dem jungen Ritter durch seinen Stand und den
Wunsch seiner Familie nahegelegt war, so wird man ihm doch eine gewisse
Kenntnis der Verhältnisse im humanistisch-juristischen Lager nicht absprechen
können39. Davon zeugt deutlich die Art der Erwähnung des Freiburger Rechtslehrers
und seines Schülers. Welche Grundlage hat es, daß jenem scotistische

35 Pirckheimer an Erasmus, Nürnberg, 31. Dezember 1517, Allen, III, Nr. 747, S. 179 f., Z. 28—46: „Non
ego, ornalissime mi Erasme, eos homines, qui in catalogo nosiro recensentur, omnes honoris gratia
appellaui. Minime enim me latet indoctos doctis ac improbos bonis permixtos esse, et, quod plus
aliquis miretur, inimicos amicis. Verum docii et boni laude digni erant, boni vero et potentes, quam-
uis non admodum eruditi, quasi pro vallo malis obiiciendi; ad docti sed minus boni vel socii dubii
incitandi aut confirmandi, inimici vero inimicis suspecti reddenti. Nec opinione penitus deceptus sum;
majores enim quam sub initium putaueram, turbas concitaui: non solum enim vacillantes stabiliui, sed
et plerosque ad nos traduxi, ita vt verbis et scriptis rem nostram defenderint. Quin inimicorum
nostrorum amicissimos ac fautores quosdam in suspicionem ingentem et non partium perduxi odium:
nisi forte reprehendendum censes, quod crabrones cum crabronibus commiserim". Vgl. M e i n e r s ,
Lebensbeschreibungen berühmter Männer, I, S. 157.

3G Geiger, Über Melanchthons Oratio continens historiam Capnionis, Frankfurt a. M. 1868, S. 41, Anm. 1.

3T Meier Spanier, Thomas Murners Beziehungen zum Judentum, Elsaß-Lothringisches Jahrbuch,
XI, 1932, S. 99f.; vgl. daselbst, S. 92, Anm. 6; S. 107; Hajo H o 1 b o r n , Ulrich von Hutten, Leipzig
1929, S. 50 f.

38 David Friedrich Strauss, Ulrich von Hutten, 4.-6. Aufl., Bonn 1895, S. 193 f.; Walther
Brecht, Die Verfasser der Epistolae obscurorum virorum, Straßburg 1904, S. 290, Börner, Epistolae
obscurorum virorum, I, S. 91 f., 101 f.

39 Vgl. Paul Kalkoff, Ulrich von Huttens Vagantenzeit und Untergang: Der geschichtliche Ulrich
von Hutten und seine Umwelt, Weimar 1925, S. 178.

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