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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1961/0042
Auch Reuchlin selbst dürfte die Haltung von Zasius nicht entgangen sein.
Während er sich an zuverlässige Freunde mit der Bitte um Unterstützungsschreiben
wendete, hat er eine solche an Zasius nicht gerichtet, obwohl er den
Weg über Amerbach mit Leichtigkeit hätte finden und betreten können. Zasius'
Name kommt denn auch in den Illustrium virorum epistolae nicht vor.

Welche Bewandtnis hat es ferner mit der Erwähnung Amerbachs in Huttens
Reisegedicht? Auch seine Unterlassung der Parteinahme muß Reuchlin ebenso
wie Hutten bekannt gewesen sein, Grund gentig für den letzteren, ihn in seinem
poetischen Reisebericht neben Zasius auftreten zu lassen. Bei Amerbach, der
damals noch ein im Studium der Rechte begriffener junger Mann war, lagen
keinerlei - - man darf wohl sagen: belastende - - Antezedentien vor. Auch läßt
sich kein Anhaltspunkt dafür ausfindig machen, daß er sich in diesem besonderen
Falle etwa den Ansichten seines Lehrers und Meisters angeschlossen
hätte, dem gegenüber er sich auch in anderen für ihn wichtigeren Fragen sein
selbständiges Urteil und seine Handlungsfreiheit bewahrte, wie zum Beispiel
hinsichtlich der Wahl seines Promotionsortes, seiner Heirat oder der Einstellung
zur reformatorischen Bewegung44. Bei ihm wird man von der Amerbachschen
Familientradition her auf Sympathie für Reuchlin schließen dürfen, die auch
in der Tat in den hier früher beigebrachten Hinweisen ihre Begründung findet.
Es kann also Amerbachs Erwähnung durch Hutten nicht die gleiche Tendenz
zugrunde liegen wie der des Zasius. Offenbar sollte Amerbach nur zu aktivem
Eintreten für Reuchlin, nicht zu einer „Bekehrung" angespornt werden. AVar
letztere somit weder beabsichtigt noch auch notwendig, so konnte sich Amerbach
damals - - viele Jahre vor seiner Promotion zum Doktor der Rechte - - verständlicherweise
zu einem Heraustreten aus der Rolle eines zwar sympathisierenden
, jedoch unbeteiligten Zuschauers nicht entschließen. Er befolgte offenbar
die Regel, die Johann Amerbach seinen Söhnen für die Zeit ihres Studiums in
Paris einschärfte, da er sie selbst zur Richtschnur seines Lebens gemacht hatte:
„Moneo, ne sitis de aliqua, sed neutrales, et ne adhereatis isti nec illi"45.

In beiden Fällen, sowohl bei Zasius als auch bei Amerbach, mußte die Ller-
ausforderung Huttens in den Dunkelmännerbriefen ohne Erfolg bleiben. Es
war nicht Amerbachs Art, aus seiner Passivität herauszutreten, zumal es ihm
zeitlebens fern lag, sich in die Öffentlichkeit zu drängen. Erst viel später
bekannte er sich in dem bereits erwähnten Rechtsgutachten über die Zulässig-
keit des Drucks und der Verbreitung des Korans vorbehaltlos zum Rechtsstandpunkt
Reuchlins. Das geschah aber erst nach mehr als zwanzig Jahren. Daß auf
Zasius' Seite an eine „Bekehrung" zugunsten Reuchlins nicht zu denken war,
muß auch Hutten klar gewesen sein. Deshalb wird man wohl als Ursache seiner
Erwähnung in den Epistolae obscurorxim virorum auch die in Pirckheimers
Rechtfertigungsschreiben an Erasmus so gut geschilderte Absicht, die Gegner
zu verwirren, annehmen dürfen.

44 Promotion in Avignon und nicht in Freiburg, wie Zasius gewünscht hatte: Briefe von Zasius an Amerbach
vom 5. Januar 1525, Hartmann, III, Nr. 993, S. 4 f., 17. und 30. März 1525; Hartmann, III,
Nr. 1001, 1002. S. 10 f.; dazu Erik Wolf, Große Rechtsdenker, 3. Aufl., Tübingen 1951, S. 91 f. —
Heirat: Th. Burckhardt-Biedermann, Bonifacius Amerbach und die Reformation, S. 49 ff.;
Alfred Hartmannn, Familiäres aus der Amerbachkorrespondenz, Basler Jahrbuch 1951, Basel
1951, S. 47 f. — Religiöse Stellungnahme: Burckhardt-Biedermann, S. 78 ff., 104; Hart-
mann, IV. S. 470 ff. — In anderen Belangen: Hans T h i e m e , Die beiden Amerbach, L'Europa
e il Diritto Romano, Studi in memoria di Paolo Koschaker, I, Milano 1954, S. 145; Thieme , Tijd-
schrift voor Rechtsgeschiedenis, XXVII, 1959, S. 368.

45 Zitiert bei Hartmann, I, S. XXII.

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