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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1961/0066
für Verstorbene wurden meist am Sonntag gehalten. Den Pfarrern schien aber
nicht ein Bedenken zu kommen, daß dadurch der Tag des Herrn allzusehr
durch das Gedächtnis an den Verstorbenen zugedeckt wurde, sondern einzig,
daß dadurch Pfarrfremde verleitet würden, dorthin auszulaufen, wo das
Seelenamt stattfand.

Die Bittgänge wurden möglichst auf die in der ganzen Kirche üblichen
beschränkt und in ihrer Ausdehnung gekürzt: über eine Stunde durfte man
sich nicht vom Ort entfernen. Der Pfarrer von Lehen beantragte - - was später
allgemein durchgeführt wurde — es solle keine Bittprozession über den eigenen
Raum hinaus geduldet werden. Er schilderte, wie zu ihm nach Lehen die Prozessionen
aus Umkirch und Zähringen kamen; der Pfarrer von Zähringen
hätte schließlich mit den Ministranten allein heimziehen müssen, weil die
anderen Teilnehmer nicht mehr aus dem Wirtshaus herauszubringen waren.

Das Bemühen, alles von der Pfarrkirche Abziehende auszumerzen, führte
ja auch dazu, Nebenkirchen und -kapeilen abzubrechen. Schon in josefinischer
Zeit ist manches alte Heiligtum, manche die Landschaft schmückende Kapelle
im Breisgau verschwunden. Jetzt klemmte sich oft das fiskalische Interesse
des Staates dahinter, das auf alle Art versuchte, angefallene Baulasten zu
vermindern. Damals wurden nachweislich abgerissen oder profaniert: St. Georg
und St. Peter bei Kenzingen; St. Peter, St. Martin und die Hospitalkirche zu
Waldkirch, die ehemalige Pfarrkirche von Wippertskirch (nach Waltershofen
verlegt), eine Kapelle in Merdingen, die Kirche von Berghausen, die Klosterkirche
von Wonnental (die von Tennenbach wurde als protestantische Ludwigskirche
nach Freiburg versetzt: 1829ff.). Der Eifer des „Purgierens" ging sogar
soweit, daß der Stadtpfarrer (!) von Staufen der Bürgerschaft opponierte, als
sie ihren Marktbrunnen mit einer Marienstatue schmücken wollte. Diese Hal-
tung hat aber die Konstanzer Behörde als unklug bezeichnet. Die Zeit empfand
alles Überflüssige als störend; nur das edle Einfache galt als würdig; der kühle
Klassizismus ihrer Bauten war ganz der Ausdruck ihrer Empfindungen. Pfarrer
Biechele — Rotweil a. K. - bezeichnete sogar die Musik in der Kirche als
Störung der Andacht. Der Gegensatz zum überschäumenden Barock ging bis
zum äußersten!

Wessenbergs liturgische Gedanken eilten seiner Zeit in vielem voraus; erst
heute wird wieder aus viel tieferer Sicht ähnliche Problematik aufgegriffen
und in einem Sinne gelöst, den Wessenberg als wünschenswert bezeichnet hatte.
Ein zweiter großer Komplex von Fragen zeigt uns Bestrebungen, die in der
Zeit der Aufklärung voll ihr Ziel erreichten und uns mit Institutionen beschenkten
, die uns ganz selbstverständlich geworden sind: Jede Art von Schule
und Unterricht wurde damals gefordert und vorangebracht. Die Volksschule
war ja noch in einem sehr geringen Maße eingebürgert. Selbst in protestantischen
Gebieten, die in der Schulfrage zweihundert Jahre voraus waren,
war es im allgemeinen noch nicht dazu gekommen, daß auf dem Lande auch
im Sommer Schule gehalten wurde. Jetzt sorgte auch der Staat dafür, daß
durch den Schulzwang alle Kinder zur Schule kamen, daß sie das ganze
Jahr den Unterricht besuchten, und dies bis zum 12. bzw. 14. Lebensjahr.
Wessenberg machte den Pfarrern die Sorge um die Schule zur Gewissenspflicht;
sie sollen dem Lehrer ein Freund sein, der überall hilft und fördert, für seine
finanzielle Besserstellung — der Lehrer hatte manchmal nur 80 iL im Jahre! -
arbeitet, sich auch um den Bau von Schulhäusern bemüht. Ein besonderes
Schwarzwaldschulproblem war der Unterricht der Hirtenkinder, das damals

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