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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1962/0086
Man erkennt schon an der Art und Weise, wie sich die bescheidenen Titel
Ferdinands in der pompösen Titulatur Karls wiederholen, daß von ei nein
selbständigen Herrschaftsgebiet Ferdinands damals noch keine Rede sein
kann. Tatsächlich hat Karl erst im Brüsseler Vertrag vom 7. Februar 1522 (und
nicht etwa schon im Wormser vom 28. April 1521)33 seinem Bruder Ferdinand
Tirol mit Vorarlberg, die Markgrafschaft Burgan, Landvogtei Schwaben usw.
überlassen. Daß dabei die Herrschaft Ferdinands im Elsaß, im Sundgau, der
Landvogtei Hagenau und im Breisgau nach seinem Tode wieder an den Kaiser
oder an die Erben Burgunds fallen sollte (womit die verruchten Pläne Karls
des Kühnen, des burgundischen Urahnen, endlich durch den Urenkel verwirklicht
worden wären), steht auf einem anderen, bis heute im ehemaligen Vorder-
österreich schamhaft überschlagenen Blatt der habsburgischen Geheimpolitik!
So kam es, daß Ferdinand die Regierung in Tirol und in den Vorlanden
erst seit dem Brüsseler Vertrag vom 7. Februar 1522, und zwar zunächst
nur als Karls Statthalter, geführt hat. Da aber die Confirmation des Stadtrechts
am 1. Juni 1520, also lange vor diesen bescheidenen Regierungsanfängen Ferdinands
erfolgt ist, kann man leicht ermessen, daß in dem ganzen Jahr nach
Karls Wahl eine Petition der Stadt bei Ferdinand an die falsche Adresse geraten
wäre! Man sieht also, daß der Versuch, Zäsis „Eingabe an König Ferdinand
" später zu datieren, ebenso an den Tatsachen scheitern muß, wie Richard
Schmidts Ansatz „kurz nach dem Tode Kaiser Maximilians".

Wenn sich nun die Schwierigkeiten auch nicht durch eine andere Datierung
beheben lassen, wird zu prüfen sein, ob nicht hinsichtlich der Person, d. h. des
„Königs Ferdinand", ein Irrtum Richard Schmidts vorliegt. Es ist in der Tat
merkwürdig, daß bis heute niemand an dieser Angabe Richard Schmidts Anstoß
genommen hat. Ein Autor34, der einen ganzen Paragraphen der „Nachprüfung
der Schmidtschen Belege" widmet, ist sogar soweit gegangen, daß er einem Abschnitt
seiner Abhandlung folgende Überschrift gibt: „Entwurf der Eingabe
nach Ensisheim"! Sollen wir uns etwa vorstellen, daß Richard Schmidts „König
Ferdinand" in Ensisheim residiert hat, nur weil es dort eine Regierung der
Vorlande gegeben hat? Ist mit einer solchen Bewältigung der Geschichte nicht
der Ahnungslosigkeit der Leser etwas zuviel zugemutet worden?

Wir haben oben gesehen, daß man nach dem Tode Maximilians zwar von
Ferdinand und über Ferdinand in der dritten Person sprach, wie wenn er ebenfalls
König gewesen wäre. Aber ein Schreiben an Ferdinand mit der Titulierung
„Majestät" oder „König" wird unmittelbar nach Maximilians Tod niemand
nachweisen können, weil Ferdinand erst seit der Erwerbung der ungarischen
Stefanskrone am 16. Dezember 1526 den Königstitel führen konnte! Alle unsere
Beobachtungen führen somit notwendig zu dem einen Ergebnis: eineEingabe
Zäsis an König Ferdinand obwohl Richard Schmidt davon
berichtet — kann es niemals gegeben haben!

6. Ja, wenn es sich um den älteren Bruder Karl handeln würde! Der war
seit 1516 König von Plispanien und wäre natürlich von Zasius ganz korrekt als
Majestät oder als König angeredet worden, gleichgültig, ob das frühe Datum
Richard Schmidts zuträfe, oder ob ein späteres vorzuziehen wäre. Freilich würde
die spätere Datierung insofern besser passen, als das Schmidtsche Schriftstück

:i3 Alfons Huber, Gesch. ösierr. 3 (1888), 490.—M. Wellmer (Der vorderöd. Breisgau in: Vorderösterreich, hrsg.
von F.Metz II, 251 ff.) hat zwar die Verpfändung an Karl d. K. im Vertrag von St. Omer (1469) und
sogar den Versuch der Verpfändung an die bair. Herzöge Albrechl und Georg (1487), nicht aber den
Brüsseler Vertrag vom Februar 1522.

34 Knodie l. c. pag. 1? und 20.

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