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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1962/0087
offenbar nur an einen Empfänger gerichtet ist — und dieser eine befand sich
ersi nach seiner Wahl zum römischen König in einer so dominierenden Stellung,
daß neben ihm der jüngere Bruder Ferdinand übergangen werden konnte. Man
sieht also: alle Einwände, die gegen Erzherzog Ferdinand als Empfänger vorgebracht
wurden, müssen für König Karl sprechen. Und wenn man sich vorstellt
oder nach Schmidts Angaben annehmen darf, daß sein Schriftstück nur ein
„Entwurf" von Zäsis Hand ist, daß ihm also neben der Anrede „Majestät!" der
Name und volle Titel des Adressaten gefehlt hat, wird man der Wirklichkeit
wahrscheinlich ziemlich nahe kommen. Mit anderen Worten: Richard Schmidt
hat seine Angaben nicht aus der Luft gegriffen — nur hat er bei der Identifizierung
des ihm nicht bekannten Adressaten den verkehrten Weg eingeschlagen
und als Empfänger der Eingabe irrtümlich den falschen Namen „Ferdinand"
gewählt!

Als Empfänger der wieder aufgefundenen Eingabe
Zäsis war tatsächlich König Karl (und nicht sein
Bruder Ferdinand) gedacht

Unter den von mir seit einigen Jahren gesammelten Aktenstücken und
Briefen aus der städtischen Ratskanzlei, die geeignet zu sein scheinen, auf die
Entstehungsgeschichte des Freiburger Stadtrechts manches überraschend neue
Licht zu werfen, befindet sich in der Tat eine undatierte lateinische Eingabe von
Zäsis Hand an König Kar 1 !35 Genauer gesagt: es ist ein bloßer formloser Entwurf
zu einer Eingabe von Bürgermeister und Rat, und da die Adresse fehlt, ist
der Name Karls im Text des Schreibens gar nicht genannt. Man muß das Stück
schon genau studieren, um dahinter zu kommen. Dafür wird man am Ende mit
einer Aufklärung belohnt, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt.
Zasius tritt nämlich aus seiner im Text der Eingabe selbstverständlich gewahrten
Anonymität heraus und richtet, persönlich und eigenhändig unterschrieben
, folgende Rand- und Schlußbemerkung an einen uns vorläufig noch
unbekannten Auftraggeber (Abb. 1):

Spectate vir! Quanta maxima diligentia potui, literas ad Karolum regem
feci, elegantes ut arbitror, et quse vobis laudem sint pariturae, nee facile
inutari debent, quia operam adhibui. Scripsi autem, quod duobus tantum
causa committatur vel uni ex eis. Nisi enim sie fiat, causa per multos num-
quam expedietur. Transtuli eciam in vernaculam, - - non icleo, quod latinas
non intelligatis! — sed ut Jaicis consularibus possit exemplum eo manifestius
cleclarari! Utimini opera mea, sum enim dominis servire paratus! Confido
autem quod promtissimum animum meum viri primarii non ignorent

Vester Zasius

Bei der ganz unkonventionellen Anrede „Spectate vir!" oder „Vortrefflicher
Mann!" möchte man an eine dem Zäsi nahestehende, humanistisch gebildete
Persönlichkeit denken — etwa an den Stadtschreiber Johann Armbruster. Wir
linden tatsächlich einmal auf der Rückseite eines Zasiusbriefes30 Armbrusters
Nachfolger. Johann Kastmeister, ganz ähnlich apostrophiert:

Ad spectat issimum vir um. dominum prothonotarium Fryburgensem

36 Jet/.!: 1 f: 151S—1520.

Kirdiensadien (135): Kloster Sölden (1555). So schreibt Zäsi gelegentlidi audi an seinen Lieblingssdüiler
Bonifaz Amerbadi 1515 Aug. 22: Spectatissimo viro mafristro Bonifacio Amorbachio . . . und mit liebenswürdigem
Humor die Ilöflidikeitsßoskel durdi ein edü Zasianisdies Wortspiel zu einer mannen Huldigung
an den zu Besudi erwarteten Freund steigernd (in einem neuerdings in den Oktober 1524 datierten Brief):
Dulcissimo nico Bonifacio, viro nobis expectatissimo ! (Amerbadi Korr. 2 (1945) Nr. 531 Nr. 974).

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