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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1962/0095
während der ganzen Dauer seiner Abwesenheit gespielt haben. Der Freiburger
Satzbürger Jacob Villinger ist noch heute in der Breisgaustadt nicht ganz vergessen
. Für ihn ist in der Barfüßergasse das prachtvolle Bürgerhaus „Zum
Walfisch" gebaut worden und auf seine Finanzierung der AVahl Karls V. ist
erst kürzlich wieder hingewiesen worden47. Die bedeutendere Persönlichkeit
ist freilich Maximilian van Zevenberghen - - und der ist niemals Freiburger
Bürger gewesen! Es ist kein geringerer als der hervorragende niederländische
Staatsmann, der die habsburgische Politik in Deutschland vom Tode Maximilians
bis zur Ankunft Karls V. so erfolgreich geleitet hat. Wenn sich die Rückkehr
Karls nach Deutschland immer wieder hinauszögerte, wäre es also durchaus
angebracht gewesen, von den beiden Kommissären an Stelle des Königs
(den sie vertraten) eine Bestätigung zu bekommen - falls der Versuch oder
Vorschlag Zäsis und Wirtners hätte ausgeführt werden können.

Am wichtigsten aber scheint mir eine Beobachtung, die uns gleichsam die
Geburtsstunde von Zäsis rechtshistorischen Vorstellungen nacherleben läßt.
Soviel ich sehe, wird hier in dieser Schmidtschen Eingabe zum ersten Male als
Grund für die Neubearbeitung des Freiburger Stadtrechts angegeben, die
überkommenen Statuten und Gesetze seien infolge Änderung der Zeitläufte
teils unvollkommen teils veraltet gewesen! Denselben Gedanken spricht Zasius
bekanntlich, nachdem das Neue Stadtrecht endlich gedruckt vorliegt, in einer
eigenhändigen Ergänzung für die 2. Auflage seiner Scholien aus, wobei er das
Gesetzgebungswerk aus dem autonomen Willen der Stadt entstehen läßt und
seine eigene Mithilfe betont, während die angeblichen Verdienste Maximilians
übergangen werden. Ich möchte die beiden Stellen im Druck parallel nebeneinander
wiedergeben, weil der Vergleich einen bescheidenen Einblick in die
Entstehungsgeschichte des Neuen Stadtrechts zu tun erlaubt und vielleicht dem
Leser die Einsicht vermittelt, wie verschieden die Rollen Maximilians, des
Rai es und Zäsis dabei verteilt waren:

Entwurf der Schmidtschen
lateinischen Eingabe:

. . . optimus prineeps . . . statutis . . .
et legibus rei nostrae publicee, quae
rerum temporumque condicione Variante
partim imperfectse partim
antiquatee fuerant, instaurandis adie-
cit animum

Handschriftlicher Zusatz Zäsis für die
zweite Auflage der Scholien48:

. .. civitas Fryburgum . . ., qua? anti-
quata priscorum imperfectione rem
publicam49 eorum novis legibus mu-
nicipalibus, iuri communi magna ex
parte conformibus ope nostra su-
periori anno ita instruxit, ut. . .

Heide Male werden als Ursache der Neubearbeitung des Freiburger Stadtrechts
die Unvollkommenheit und der veraltete Zustand des vorher geltenden Rechts
angegeben. Das Wissen um die historische Bedingtheit des Rechts und der
W u nsch nach Vervollkommnung der Gesetze, diese mit dem Glauben an das
ehrwürdige gute alte Recht unvereinbaren Vorstellungen führten also nach
Zäsis Auffassung4"3 zur Schaffung der neuen Stadtrechte und zur Anpassung

*7 Clemens Bauer, Jacob Villinger, Großsdialzmeister K. Maximilians: Syniagma Friburgense, hislor. Studien

(für) Hermann Aubin (1955), 20. 22 f. A 21.
'8 Titiane. Aus den Handschriften von Ulr. Zasius S. [9].

49 R. Schmidt hat $.65 imperfectione temporum novis legibus. . . Dies ist offenbar eine falsdie Lesung
der Melle, die bei Riegger, l. e. p. (57), lautet: ..impcrl'cct ione rcmp.(!) eorum novis legibus".

4na Die perfektionistische Leitidee des römischen Juristen wird durch die Diskriminierung der herrsdienden
I erhältnisse im Rechtsleben diesem in keiner Weise gerecht. Vgl. Lab and, Bedeutung der Rezeption
(1880), 51: „In der Mangelhaftigkeit des germanischen mittelalterlichen Privatrechts ist daher der Grund
der Rezeption nicht zu suchen."

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