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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1962/0097
Unterschied zwischen Zäsis evolutionären Gedanken hinsichtlich des veralteten
, unvollkommenen Stadtrechts und der in der Vorrede vertretenen revolutionären
Lehre von der historischen Bedingtheit auch des römischen Rechts — in
diesem deutlichen Gegensatz dürfen wir ein weiteres Indiz sehen, daß der
Verfasser der gedruckten Vorrede mit unserm Zasius nicht identisch ist.

Da nach Zäsis Vorstellung eine Erneuerung des unvollkommenen, veralteten
Rechts vielmehr nur durch Anpassung an das römische oder kaiserliche Recht
zu erreichen ist, versteht man auch, weshalb ihm dieses Neue Stadtrecht selbst
unvollendet erscheint, solange ihm die kaiserliche Bestätigung mangelt. Darum
läßt er den Rat in nnsrer wieder aufgefundenen lateinischen Eingabe an König
Karl schreiben:

rogamus, quatenus tarn laudabilem rem legum et statutorum nostrorum
caeptam et tantum non perfectam in sui curam (divi Csesaris avi vestri
exemplo) gratiose excipere . . . dignemini

Oder in seiner aus deutschem Holz geschnitzten Übersetzung:

Demnach, allergnedigster herr, ist an uwer k. m(ajestat) unser aller under-
tenigst bitt, ir m(ajesta)t welle dis angefengte loblich handhing unser
gesatzten und Statuten in ir getruw sorghaltung glich wie wilant keiserlich
m (ajesta)t gnediklich annehmen . . .

Ganz anders denkt darüber offenbar der Verfasser der gedruckten Vorrede!
Für ihn unterliegt alles Recht dem unabänderlichen Gesetz des Wandels, auch
das kaiserliche, geschriebene oder römische Recht - und darum werden von
ihm die Recht setzenden Organe der freiheitlichen städtischen Verfassung mit
Namen angeführt und ihre Mitwirkung beim Gesetzgebungswerk betont:

mit vorwyssen und gehelle unser alten räten und zünfte ächtwer38 (die dann
ein ganz gemeind diser statt representieren)

Nun, das klingt zwar recht modern - - und doch hat der Rat (denn von ihm hat
ja der Verfasser der Vorrede Namen und Auftrag) damit nur die Angriffe auf
die städtische Autonomie von seiten der Juristen in Ensisheim und Innsbruck ab-
wehren wollen und sich vom mittelalterlichen Rechtsboden nicht wegmanövrie-
ren 'assen.

Oder hatten sich nicht von jeher die städtischen Rechtsquellen und die
Ländlichen Weißtümer nach einer und derselben Regel weiterentwickelt? Daß
in der endgültigen Fassung der Vorrede neben dem Rat auch die ganze Gemeinde
als gesetzgebender Faktor erscheint, erinnert an die klassische Formulierung
eines Gedankens, den wir bei Stobbe54 schon vor 100 Jahren folgendermaßen
ausgesprochen finden:

„Nicht alles Recht ist Herkommen, sondern die Autonomie schafft auch hier
neues Recht - - nicht der Herr allein, aber auch nicht die Gemeinde allein,
sondern beide in Übereinstimmung und Vereinigung können das bisherige
Recht umändern und neues setzen."

53 Die allen ) ierundzmanzig und die Äditewer (d. h. acht Vertreter der Zünfte) wirken mit dem Biirger-
meister und den neuen Vierundzwanzig zusammen beim Absdiluß nichtiger Verträge, die die ganze
Gemeinde binden. So /.. B. beim Beitritt der Stadt zum Sdimäbisdien Bund, 1497 Dez. 18. Vgl. R. Pr. 7,
fol. 51' und Gesdltb. fol. 11?'. Dal! man sich nicht nur auf die Gemeindeoerireter, sondern auf eine
Zustimmung der Gesamtgemeinde hat berufen können, roird von einer Stelle in einem sdimer lesbaren,
undatierten Entwurf von der Hand Annbrusters belegt (I f o. D. = Maldoner No 9), mo es heißt: Als wir
jetzt ctlich tag unser gemeind das nuw stattrcdit furhalten lassen und iren willen dorinn begerten,
haben sy nit allein dasselb bewilligt, sonder och iliRlich gepeten, sollichs furdcrlich uffzerichten.

54 O. Stobbe, Gesdi. d. d. Reditsquellen (1860), 591.

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