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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1962/0119
schärfsten Verfechter gefunden hatte. Freiburg ist ja von Rörig als besonders treffende
Analogie für sein angeblich klassisches Beispiel Lübeck herangezogen worden.
Nun war die Auseinandersetzung mit der Meinung Rörigs vor zwanzig Jahren
zweifellos eine Aufgabe, welche Historiker und Rechtshistoriker locken mußte. Heute
ist von diesen Theorien nur noch wenig übrig. Ihre letzten Verfechter befinden sich
im Rückzugsgefecht. Der Verfasser setzt nun mit Bezug auf Freiburg an die Stelle
der Rörigschen Theorien seine eigenen Ansichten. Danach sollen die conjuratores, die
bereits so viel Kopfzerbrechen hervorgerufen haben, als Schöffen zu deuten sein.
Der angeblich an ihrer Spitze stehende homo liber soll mit dem rector
: Schultheiß identisch sein. Damit greift der Verfasser auf ältere Vorstellungen
zurück, die bereits vor über hundert Jahren in Gaupp einen Vertreter gefunden
hatten, [n der conjuratio von etwa 1120 sieht der Verfasser dementsprechend einen
Schwur des Urteilerkollegs, der dem Gerichtsherrn, also dem Herzog von Zähringen,
geleistet wird. So wie die Dinge nach der auch andrerorts zu beobachtenden Aufgabe
der Gründer-Unternehmer-Theorie einmal liegen, wird man sich mit dieser neu
aufgelebten These wieder auseinandersetzen müssen. Dabei wird aber noch eine
Reihe lokal bedingter und allgemein begründeter Schwierigkeiten auszuräumen sein.

Leider muß man sagen, daß der Verfasser mit der Begründung seiner Ansichten
keinen sehr befriedigenden Beitrag zur Lösung aller aufgeworfenen Fragen leistet.
Schon seine Beurteilung der allgemeinen Verhältnisse in Freiburg vor der eigentlichen
Stadtgründung beweist eine mangelnde Kenntnis der lokalen Arbeiten der
letzten Jahrzehnte. Es wird von ihm auch nicht genügend berücksichtigt, daß Freiburg
eben nicht an der Nord-Süd-Straße, bzw. nicht hauptsächlich an dieser, sondern an
der West-Ost-, bzw. Nordwest-Südost-Straße angelegt worden ist. Deshalb dürfte die
Neugründung auch keineswegs als Nahmarkt anzusprechen sein, sondern unbedingt
von Anfang an eine Fernhändlerstaclt gewesen sein.

Auch seine ausführliche Interpretation der verschiedenen Überlieferungen des Freiburger
Stadtrechts in der Stadt selbst und in den von ihm beeinflußten Städten weist
u.E. manche Schiefheiten auf. Die Dinge sind zu kompliziert, als daß an dieser Stelle
eine Auseinandersetzung möglich wäre. Noch schwieriger wird diese dadurch, daß
eine befriedigende Edition des Freiburger Stadtrechts, die am besten synoptisch die
vergleichbaren Abschnitte der Rechte der abhängigen Städte enthalten sollte, noch
immer fehlt. Es sei hier nur noch darauf verwiesen, daß der Verfasser die für Freiburg
so wichtige Frage nach der Echtheit der Berner Handfeste offen läßt. Dafür
schiebt er die Möglichkeit in den Vordergrund, daß die sogenannte Konradsurkunde,
das heifit der älteste Teil der Tennenbacher Eintragung, ebenfalls gefälscht sein
könnte. Wieweit man ihm in dieser Beziehung folgen will, muß dahingestellt bleiben,
zumal sich der Verfasser selbst nicht eindeutig entscheidet. Eine letztlich befriedigende
Lösung aller Rätsel, welche die Überlieferung aufgibt, bietet auch dieser
Vorschlag des Verfassers nicht.

Da hier nur Teile des anzuzeigenden Werkes berücksichtigt werden konnten, soll
auch kein abschließendes Urteil darüber gefällt werden. Vielleicht liegt sein Wert
für Freiburg darin, daß die Diskussion, die über die Frage der Berner Handfeste
heftig im Gange ist, nun auch den Ausgangspunkt Freiburg wieder stärker mit einbeziehen
wird. Trotz vieler Bedenken gegen Form und Einzelheiten der Beweisführung
wird man dabei die Thesen des Verfassers unbedingt berücksichtigen müssen.
Niehl zuletzt wird die vergleichende Übersicht der einzelnen Bestimmungen verschiedener
Stadtrechte des 12. und frühen 15. Jahrhunderts, welche der Verfasser
bietet, dabei gute Dienste leisten. Leider wird der kritische Leser aber auch dieses
Buch mit der Feststellung aus der Hand legen, daß wir von einer in jeder Hinsicht
befriedigenden Lösung aller Probleme der Entstehung Freiburgs und seines ältesten
Krelltes ebenso weit entfernt sind wie von einer einwandfreien Edition des ältesten
Freibu rger Stadt rechts.

B. Schwineköper

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