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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1963/0060
C 35 Wie luzel half ime that.
thaz er so ho was gesät.
Vant er antheme stole mit sineme gesinde.
wonete ene unlange stunde.
Vant er wart gotes withere.

40 thes viel er sa nithere.

Want er was bouen then engelen allen,
thes mvost er the tiefere uallen.
AI were er an theme oueresten kore.
er wolthe tho nohc wesen hoher.

45 Er wolte sich gote gemazen.

thure then ouer mvot warther uerstozen.
Unde wart ein tiuvel so eislich,
so er e was ein engel herlich18.

Diese Darstellung ist schon sehr abstrakt; die konkret-anschauliche Diktion
des Dichters der Wiener Genesis erzählt die Verschwörung Luzifers so:

39 do er begunde chosen

40 mit sinen genozen,

er sprach in zü uil ubermüteclich,
er sprach „min maister ist gewaltich
hie in himele,

er wanet ime mege iuweht sin widere.

45 ich pin alsame here,

ich newil unter ime wesen nie mere.
ich pin also scone,
ich wil mit minem chore
ebengewaltich ime wesen.

50 ich wil äne in genesen
unde wil den stül min
setzen norderen halp sin
üf dem himele.
ich wil iz ime haben ebene"19.

Hier ist der entscheidende Akt der Erhebung enthalten in dem Plan: ich . . .
wil den stuol min setzen norderen halp sin üf dem himele. Und das ist genau
jener heilsgeschichtlicher Augenblick, den dann der Freiburger Steinmetz dargestellt
hat, wobei er nur die Folge des Aufstandes, nämlich die Verwandlung
des herrlichsten der Engel in eine scheußliche Teufelsgestalt, gleich in diesen

18 Ich füge hier zum besseren Verständnis eine neuhochdeutsche Übertragung der Textstelle an: „Wie wenig
nützte das ihm, daß er so hoch (ein)gesetzt war, da er (ja) mit seinem Gefolge nur eine kurze Weile an
diesem Stuhle blieb. Weil er sich Gott entgegenstellte, davon stürzte er alsbald in die Tiefe. Weil er über
allen den Engeln gestanden hatte, davon mußte er um so tiefer fallen. Obwohl er dem obersten Chore
angehörte, wollte er da noch höher sein: er wollte sich Gott an die Seite stellen. Dieser superbia wegen
wurde er verstoßen; und er wurde ein abscheulicher Teufel, während er doch zuvor ein herrlicher Engel
gewesen war."

19 Übertragung: „Da begann er sich mit denen zu besprechen, die zu ihm hielten; er sprach zu ihnen voller
Hochmut: ,Mein Herr ist gewaltig hier im Himmel; er glaubt, ihm könne nichts entgegenstehen. Ich bin
so erhaben wie er, ich will nicht länger unter ihm sein. Ich bin genau so vollkommen; ich will mit meinem
Chore ihm an Macht gleich sein. Ich will ohne ihn selig werden und will meinen Stuhl nördlich des seinen
auf dem Himmel aufbauen. Ich will ihm gleich sein.'"

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