Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0020
eine große Ratsstube gehörten40. Schon 1303 und 1309 erscheint das Rathaus
als Urkundsort. Seit 1340 tritt dann erstmalig in den Urkunden die jahrhundertelang
beibehaltene stereotype Datierungsforniel auf: Gegeben vor offenem
Rat in der Ratsstuben41. Nur wenn ganz ausnahmsweise besondere Umstände,
wie z. B. der Reichstag von 1498, die Benutzung der großen Ratsstube dem Rat
unmöglich machten, wurden die Sitzungen in eine der Zunftstuben oder an
einen anderen Platz, z. B. das Kaufhaus, verlegt und die Beurkundungen dementsprechend
datiert42. Sonst tagte der Rat aber immer in der Ratsstube, wie
die mehreren hundert Urkunden, die wir durchgesehen haben, beweisen.

Die verschiedenen Gericlitsorte des Freiburger Schultheißengerichts

Nach dieser Feststellung lassen wir die Frage nach der Lage und baulichen
Gestaltung des Rathauses und die Frage nach der Gleichsetzung von Rathaus
und Gerichtslaube zunächst außer acht und befragen die Urkunden nach

40 ZGORh 12, 1861, S. 464; Poinsignon, Ratshof a.a.O. S. IV. Wahrscheinlich dürfte die kleine
Stube von 1328 mit der 1441 Dez. 20 (StA XI f.) erwähnten oberen Stube identisch sein. Die
1457 Febr. 7 genannte hintere Ratsstube entspricht offenbar der großen Ratsstube (Geiges, Freiburger
Rathaus a. a. O. S. 52), lag doch z. B. auch in Breisach die Ratsstube nach hinten heraus:
„in der hindern ratsstube im lonhaus" (1419 Sept. 13, Mitt. d. bad. hist. Kommission 11, 1889,
S. 15 Nr. 72). Der 1498 vom Reichstagsausschuß benutzte obere Ort über der Ratsstube ist
wiederum sicher mit der genannten kleinen oder oberen Ratsstube gleichzusetzen. Auf alle
Fälle hatten alle diese Sitzungszimmer in dem fälschlich als Gerichtslaube bezeichneten Bau
auf dem Rathaushof ihren Platz. In dem am Franziskanerplatz gelegenen Kanzleiflügel gab es
anscheinend keine geeigneten Räume für Sitzungen. Sonst hätten 1498, als die Ratsstube vom
Reichstag mit Beschlag belegt war, und 1552, als die Ratsstube umgebaut wurde, der Kanzleibau
aber noch benutzbar war, die Ratsherren und das jetzt gleichfalls in der Ratsstube seine
üblichen Sitzungen abhaltende Schultheißengericht nicht in Zunftstuben oder in das Kaufhaus
ausweichen müssen. Vgl. unten Anm. 42. Das Aussehen der unteren oder großen Ratsstube ist
aus den früher vorhandenen bzw. noch jetzt erhaltenen Resten gut rekonstruierbar (Abb. 10).
Der Raum besaß außerdem einen Vorraum, der 1558/59 vielleicht nach einem kleineren Brande
unterteilt wurde, so daß außer dem Vorraum noch ein gewölbter Raum für den Heizer entstand
(StA R. Pr., Bd. 17, Bl. 445 v, 462; Bd. 18, Bl. 112 v). Der Vorraum weist noch heute eine
gotische Eingangstür unter der später angefügten Außentreppe und früher zwei gotische Fenster
daneben auf, die wegen ihrer Proportionen beinahe einen älteren Eindruck machen als die
anderen Fenster der unteren Stube, über diesem unteren Vorraum befindet sich vor der 1551/52
neu erbauten oberen Ratsstube ebenfalls ein Vorraum, der an der West- und an der Ostseite
früher Fenster in der gleichen Art wie der untere Vorraum aufwies (Geiges, Freiburger Rathaus
a. a. O. Abb. 24—26). Angesichts der gleichen Fensterformen in diesen beiden Räumen
des Nordteiles der Anlage entsteht der freilich noch zu beweisende Verdacht, daß der Nordteil
vielleicht Rest eines älteren (Bürger-?) Hauses sein könnte. Er entspricht in den Ausmaßen
und in der Grundrißgestaltung etwa dem Keller eines romanischen Wohnhauses in der Salzstraße
18. In beiden Fällen hätten wir es dann mit einem ähnlichen Haustyp zu tun, wie er
von L. Veltheim-Lottum auf Grund eines Aschaffenburger Hauses bekannt gemacht worden ist
(Kleine Weltgeschichte des städtischen Wohnhauses, Heidelberg 1952, S. 214 f., dort auch Bild
und Grundriß). — Wie die übrigen Teile des Obergeschosses vor 1551/52 aussahen, läßt sich
nicht mehr feststellen. Da aber das Mauerwerk des Unterstocks zu leicht für die Aufnahme
massiver Bauteile gebaut war, hat entweder nur ein Fachwerkobergeschoß bestanden, wie
Geiges (Freiburger Rathaus a. a. O. Abb. 3, S. 52, dagegen Schlippe, Ältestes Rathaus a. a. O.
S. 4; vgl. auch Anm. 99a) annimmt, oder es befand sich hier im Südteil überhaupt kein weiteres
Stockwerk mehr. Für die letztere Annahme spricht u. a., daß bei dem Beschluß über den
Bau der neuen Ratsstube im Obergeschoß vom Abbruch schon bestehenden Mauerwerks keine
Rede ist (vgl. unten S. 42). Wenn dem so wäre, dann wäre ferner auch der obere Vorraum mit
jenem am oberen Ort über der Ratsstube gelegenen Raum identisch, der 1498 erwähnt wird
(vgl. unten S. 48).

41 Beispiele für Ausstellungsort Rathaus: FUB Bd. III, S. 26 Nr. 32, 130 Nr. 166, 157 Nr. 205, 188
Nr. 245, 354 Nr. 472. Beurkundungsort Ratsstube: 1340 Mai 26: Schreiber, UB 1, 2 S. 347 Nr. 178,
385 Nr. 196, 387 Nr. 197 usw. Mit Ausnahme der in Anm. 42 aufgeführten, durch besondere
Umstände bewirkten Ausnahmen haben wir keine Ratsurkunde gefunden, die einen anderen
Ort als die Ratsstube als Beurkundungsort angegeben hätte. Wir verzichten daher auf Nennung
der zahlreichen Belege.

42 1498: Poinsignon, Ratshof a.a.O. S. X; vgl. unten S. 22; Schreiber, UB Bd. II, S. 631 Nr. 587;
1552: Geiges, Freiburger Rathaus a.a.O. S. 56; vgl. Urkunden des Stadtgerichts von 1551
Mai 16 (StA VII f.); 1552 Jan. 23 (StA XVIII); 1552 Febr. 5 (StA XVI Aa).

20


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0020