Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0144
das Rößlein habe er ihnen abgekauft. Damit stellt er seine Nachbarn aber nicht
ganz zufrieden. Jakob der Metzger42 berichtet dem Bürgermeister über seine
Vermutungen. Dieser will jedoch auf eine so unbestimmte Aussage hin keine
Maßregeln treffen und gibt dem Bürger den Rat:

Der Juden sollst du müßig gan;
die Sach, die du bringst auf die Bahn,
die müßte wohl bewiesen sin,
darum so fahr du jetzund hin43.

Darauf, daß 1462 schon Verdacht geschöpft worden sei, ist im Verhörprotokoll
und in den Prozeßakten keinerlei Hinweis.

Amira hat sich bei Herausgabe des Judenspiels vergeblich um die Originalhandschrift
bemüht. Es wird vermutet, daß einer aus der Endinger Sängerzunft
das Stück verfaßt hat44. Zu seiner Textwiedergabe hat Amira sieben Abschriften
verwendet, wovon eine sich beim Nachlaß Schreibers befand und
weitere sechs aus Privatbesitz in Endingen stammten45. Beachtlich ist die
kritische Stellungnahme Amiras zur Aussage des Stückes. Er rät ausdrücklich,
das Judenspiel nur mit Vorsicht als Geschichtsquelle zu benutzen. Dem muß
man natürlich zustimmen. Er bringt einige Hinweise auf den Mißbrauch des
Stückes zu judenhetzerischem Treiben, das der Zivilisation zur Schmach gereiche40
. Die letzten Zeilen Carl von Amiras im Vorwort zu seinem Bändchen
lauten: „Selbst die wirklichen Geschichtsquellen reichen nicht hin, um die
Schuld der 1470 gerichteten Juden an dem Mord der Bettlerfamilie außer Streit
zu stellen. Denn wenn in unserer Beilage I (sogenanntes Verhörprotokoll)
erzählt wird, die Angeschuldigten hätten „one all marter und wetun" sich zum
Geständnis bequemt, so weiß der Geschichtskundige, zu welch sophistischen
Auslegungen dieser Klausel die im Falle begriffene Rechtspflege jenes Zeitalters
sich verstiegen hat und welche wahnwitzigen Geständnisse den Juden
damals allerwärts - und insbesondere am Oberrhein durch die Folter und
die Furcht vor ihr erpreßt worden sind"47.

3.

Allein die Tatsache, daß bis heute der Glasschrein mit den beiden unschuldigen
Kindern auf dem Seitenaltar der Peterskirche in Endingen steht,
ist Beweis für eine gewisse unangetastete Verehrung, die fünf Jahrhunderte

42 Es ist nicht ausgeschlossen, daß Jakob Metzger bei den Juden große Schulden hatte, so daß er
sich dieser entledigen wollte. Vgl. Amira, S. 102 (Vers 15 und 16 des Liedes).

43 Amira, S. 46.

44 Beck, a. a. O., S. 16.

45 Von Michael Wissert (aus dem Jahre 1810), Franz Lederle (o. J.), Franz Josef Hirtler (1870),
Fridolin Zimmermann (1818), Martin Gruber (1882), eines ohne Namen (nicht vor 1882).

46 Amira, S. 15 f.

47 Heinrich Schreiber bemerkt: „ungezwungen" sagt der Angeschuldigte aus, was er nicht während
der Folterung aussagt. — In der „Heimatgeschichte der badischen Juden" 1927, S. 15, schreibt
Rosenthal: Bei der Gerichtsverhandlung des berüchtigten Landvogts Peter von Hagenbach in
Breisach (1474) sagten Zeugen, die bei des Angeklagten Tortur zugegen waren, er habe, bevor
er peinlich gefragt wurde, sich nicht auf einzelnes eingelassen. Nachdem er aber gehörig aufgezogen
und an Händen und Füßen beschwert worden war, fand er sich bereit, alles zu bekennen
, und nun habe er, heruntergelassen und mit freien Händen, alles eingestanden, noch mehr,
als er befragt wurde. Der Gerichtsvorsitzende bezeichnete das als „eigenes, ungezwungenes
Geständnis".

144


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1965/0144