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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1966-67/0306
Ernst Theodor Nauck, Aus der Geschichte der Freiburger Wundärzte und artverwandter
Berufe. Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt Freiburg im Breisgau
, Band 8, 146 Seiten, Wagnersche Universitätsbuchhandlung Karl Zimmer,
Freiburg i. Br., 1965.

E. Th. Nauck, dem jetzt in Bad Nauheim lebenden früheren Freiburger Anatomen,
verdanken wir eine Fülle von Untersuchungen zur Geschichte der Medizin in Freiburg
, darunter die „Geschichte der Freiburger Medizinischen Fakultät in der österreichischen
Zeit" (1457 1805), die 1957 zum 500jährigen Jubiläum der Universität
erschien und als Nachschlagewerk aus den Bibliotheken der medizinischen Einzelfächer
nicht mehr wegzudenken ist. Es ist ein eigenartiges Phänomen, daß fast alle
medizinischen Fakultäten heute einen eigenen Lehrstuhl für Geschichte der Medizin
besitzen. Die Medizinhistoriker arbeiten mit historischen Methoden, werten die gewonnenen
Ergebnisse aber nicht nur historisch, sondern auch naturwissenschaftlichmedizinisch
aus und gelangen so zu einer vergleichenden naturwissenschaftlichen
Betrachtung. So sind die Medizinhistoriker häufig praktizierende — Ärzte geblieben
. Die besondere Beziehung der Medizin zur Geschichte scheint also nicht nur
der persönlichen Neigung zu entspringen, wie z. B. bei Friedrich von Schiller, der als
Arzt begann, oder besser: beginnen mußte, und später den Lehrstuhl für Geschichte
in Jena bekleidete und der einigen kleineren medizinischen Schriften der Ausbildungszeit
die großen historischen Werke folgen ließ, die Geschichte des Abfalls der
Niederlande von der spanischen Regierung und die Geschichte des Dreißigjährigen
Krieges.

Das Phänomen, daß die Medizin ihre eigene Geschichte in die Fakultät und in
den Lehrplan für die Studenten aufgenommen hat, scheint vielmehr zu zeigen, daß
sich die Medizin nicht ausschließlich als Naturwissenschaft verstehen kann, sondern
in ihrer Anwendung in der ärztlichen Kunst, in der öffentlichen Hygiene oder der
gerichtlichen Medizin auf vielfache Weise mit juristischen und gesellschaftlichen
Gegebenheiten verflochten ist, die im Fluß der Zeit ebenfalls zu Geschichte werden
und oft weniger systematisch als historisch bedingt sind. So sehr es Aufgabe des
Arztes ist, naturwissenschaftliche Zusammenhänge zu erforschen und darzustellen,
um physiologisch sinnvoll in krankhafte Zustände eingreifen zu können, so oft ist
er zum Handeln gezwungen, ohne die Kausalzusammenhänge einer Krankheit, die
Ätiologie, zu kennen. Oft muß sich der Arzt mehr auf die Erfahrung als auf eine
sichere naturwissenschaftliche Kenntnis stützen. Die Lage des Arztes, der heute am
Bett eines Kranken steht, ist nur zu häufig kaum günstiger als die des Arztes im
Mittelalter, der etwa am Bett eines Pestkranken handeln mußte, ohne die Patho-
physiologie im heutigen Sinne zu kennen. Trotzdem hat er in vielen Fällen vermocht,
die Krankheit günstig zu beeinflussen oder zu heilen. Auch der Arzt, der als Gutachter
vor Gericht einen Sachverhalt darstellt, wird seine Grenzen leichter erkennen
können und den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft nicht absolut setzen, wenn
er weiß, wie oft der ärztliche Gutachter früherer Tage mit geringerem und vielleicht
falschem Wissen dazu beigetragen hat, daß Unschuldige verurteilt wurden, ihre
Gesundheit oder ihr Leben verloren. Der heutige Arzt wird aber in dem sorgfältigen,
besonnenen und seiner Grenzen bewußten Arzt vergangener Tage ein Spiegelbild
seiner eigenen Situation erkennen. Diese Vorbemerkungen seien erlaubt, um die
Bedeutung des wissenschaftlichen Werkes von E. Th. Nauck in das rechte Licht zu
stellen.

Im vorliegenden Band berichtet Nauck von den Freiburger Wundärzten, Hebammen
, Badern, Scherern und Perückenmachern, aber auch vom öffentlichen
Gesundheitswesen der Stadt und der vorderösterreichischen Landesherrschaft. Er
beschreibt die Organisation in Zünften und Bruderschaften, die Badehäuser, die
Tätigkeit der Meister (aus deren Kreis die ersten Stadtärzte kamen und die als
Geschworene der Stadt auch gerichtsmedizinische Funktionen erfüllten), aber auch

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