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fügigen Einkünfte des kleinen Landes ließen diese neuartigen „vaterländi
sehen" Forderungen auf der Basis der allgemeinen Wehrpflicht rasch zur Farce
werden. Wie vorher im Rheinbund stellte Hohengeroldseck ganze 29 Mann
zur Linie sie bildeten das bisher von Nassau aufgebrachte und bei ihm stehende
Kontingent , dazu weitere, ebenfalls von Nassau gestellte 29 Mann
zur Landwehr, die nun sämtlich bezeichnenderweise badischen Truppenteilen
zugewiesen wurden; Freiwillige meldeten sich gar nicht. Die den Bewohnern
auf Steins Betreiben zugemuteten Kriegssteuern mußten, da sie den finanziellen
und wirtschaftlichen Ruin herbeigeführt hätten, ermäßigt werden oder
blieben, da sie nicht aufgebracht werden konnten, unerfüllt.
Unterdessen verfolgte der Freiherr vom Stein rachsüchtig sein Opfer weiter12
. Im Januar 1814 stand für ihn das Ziel fest, den Fürsten von der Leven
bei der bevorstehenden Neuregelung der deutschen Verhältnisse mediatisieren
zu lassen, und er gewann dafür bald den preußischen Staatskanzler von Hardenberg
. Auf diesem Weg verhinderte Hardenberg, von Stein beschworen, zunächst
im Ersten Pariser Frieden (30. Mai 1814) den unmittelbaren Rückfall
der „befreiten" linksrheinischen Herrschaft Blieskastel an den Fürsten; die
Regelung darüber blieb dem geplanten europäischen Kongreß vorbehalten.
Dann billigte die Präliminarkonferenz der Außenminister der verbündeten
Mächte (22. September 1814) den Vorschlag Hardenbergs, den Fürsten von dem
Kongreß auszuschalten. Stein, der noch immer die oberste Sequesterverwaltung
leitete, wußte zuletzt im November 1814 die Frage einer Freigabe des
fürstlichen Privateigentums mit der Souveränitätsfrage zum Nachteil des Fürsten
zu verbinden.
Wichtigste Vorentscheidungen waren damit getroffen. An ihnen zerschellten
alle Anstrengungen des Fürsten Franz Philipp, für sich und sein Haus
Teile der einstigen Besitzungen und des Eigentums in angemessenem Umfang
zu retten. Vergeblich war es und viel zu spät, daß er im März 1815 von
Paris nach Seelbach kam, einen Kongreßbevollmächtigten in Wien ernannte
und Denkschriften, hauptsächlich zur Begründung alter, längst von den gro
ßen Ereignissen überrollter Forderungen, einreichen ließ. Unbeachtet blieb
er auch dann, als er persönlich nach Wien kam, denn er stand isoliert, er hatte
keine Beziehungen, kein Freund reichte ihm hilfreich die Hand.
So kam, was längst zu befürchten war. In der Wiener Schlußakte vom
9. Juni 181.5 wurde des Fürsten von der Leyen und seiner Territorien mit keinem
Wort gedacht. Dennoch traf ihn einer der letzten Artikel mit aller Härte,
weil demzufolge alle nicht ausdrücklich genannten linksrheinischen Besitzun
gen, wem auch immer sie vorher gehört haben mochten, mit voller Souveränität
und vollem Eigentumsrecht an den Kaiser von Österreich übergingen. Wenige
Tage später bestimmte der Partikularvertrag zwischen Österreich und
Preußen vom 12. Juni 1815 teils als Bestätigung, teils als Erweiterung der vorangegangenen
Vereinbarungen, daß die Herrschaft Blieskastel und die Graf
schaft Hohengeroldseck unter die österreichische Souveränität gelangen, das
Fürstliehe Haus von der Leyen als mediatisiert behandelt werden sollten. Zur
Dotation des Erbprinzen Erwein von der Leyen wurden als bescheidene Reste
aus dem früheren leyenschen Gesaniteigentum nur die Domänen Adendorf
(bei Bonn) und Gondorf (bei Kobern an der Mosel) vorbehalten.
12 Freiherr vom S t e i n / Briefe und amtliche Schriften. Neue Ausg. von Walther Hubatsch.
Bd. IV. Stuttgart 1963. Darin insbes. Nr. 567, 1023, 1070, 1244.
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