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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
90.1972
Seite: 124
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sie an die Straßenecken an und schlug sie an den Thüren ihrer Wohnung an.
Sie fand statt, am Tag der vollzogenen priesterlichen Einsegnung, und der Zug
ging gleich von der Kirche aus in den dazu bestimmten Saal, denselben eröffnete
eine Abtheilung Spielleute, darauf ging allein der Strohredner im
schwarzen Mantel mit einem zierlich strohumwundenen, aber nicht brennenden
Span in der Rechten; ihm folgten Paar um Paar sechs der nächsten Anverwandten
der Braut in rothen Mänteln mit Wachsfackeln, durch Blumengewinde
verziert: dann die Braut, ihr zur Rechten die Brautmutter oder ihre
Stellvertreterin, zur linken eine andere in Ansehen stehende Matrone, die
Ehrenwächterin betitelt, nach dem Stand der Braut gewählt. Hinten drein,
wieder allein der Bräutigam, den grünenden jungfräulichen Kranz in den
Händen tragend. Den Schluß machte eine zweite Abtheilung von Spielleuten,
die sich abwechselnd mit dem Vortrab lustig hören ließen. Endlich wallte in
buntem Gemenge der sich anschließende versammelte Haufen nach. Um dem
Andringen desselben zu wehren, gingen zu beiden Seiten der Hauptpersonen
zwei Reihen uniformierter, bloß mit Fuchsschweifen bewaffneter Männer, die
ihre Schutz und Trutzmittel um so weniger ruhen ließen, als sie unschädlich
waren und damit dem ernsten Zuge manchen Stoff zum Lachen gaben. Bei
Adelichen waren es Bediente in ihren Livreyen, bei Bürgerlichen die Gesellen

der Zunft oder Innung, überhaupt fanden sich zu diesem...........24

immer Leute genug für den Spaß, den reichlichen Trunk und Imbiß, den sie
zum Lohn dafür erhielten. In dem dazu bestimmten Saal auf diese Weise wohl
angelangt, nahm zuerst die Braut oben an einem großen, mit einem schönen
Teppich bedeckten Tische platz; ihr gerade gegenüber der Strohredner, rechts
und links die Brautmutter und die Ehrenwächterin in Lehnstühlen sitzend,
zu beiden Seiten in divergierenden Linien die sechs Fackelträger nach dem
Grad ihrer Anverwandtschaft; hinter dem einfachen Schemel der Braut stand
der Bräutigam. Rückwärts des Strohredners stellten sich die sehr zahlreichen
Zuschauer, ohne Ordnung so gut es gehen mochte, nur daß man den Frauen
Rang und die möglichste Bequemlichkeit ließ. Als einmal Ruhe eingetreten
war, zündete der nächste Anverwandte den Span des Strohredners an, und
er begann nun seine Rede feierlich zu declamieren. Da er nur so lange durfte
als der Span brannte, so brauchte man die Vorsicht um der Flamme mehr
Nahrung zu geben ihn mit einem dünnen Überzug von Wachs zu bekleiden,
dadurch dauerte es ohngefähr eine 1/a Stunde, die längste Periode, die man
der Rede einräumte, um vor Geschwätz und Langeweile gesichert zu seyn.
Zum Strohredner wählte man einen Mann, von dem man sich versprach, daß er
etwas anpaßendes zu sagen und den Gegenstand ohne den strengsten Wohlstand
auch nur im Geringsten zu verletzen aufzuheitern, verstünde: denn der
Geist der vielen Anwesenden wollte ergötzt, nicht aber das züchtige Ohr einer
so ehrfurchteinflößenden Versammlung auch nur im Geringsten beleidigt
seyn, und der Sprecher wäre Gefahr gelaufen, übel wegzukommen, der es gewagt
hätte, Zweideutigkeiten auszukramen oder gar Zoten zu reißen. Die
Auszeichnung Ehrenwächterin oder Strohredner zu sein, war sehr gesucht und
ein kitzliches Geschäft. Der Braut ihrer Verwandten war es, die Auswahl zu
treffen. Als Fremder, dem Hause der Brautmutter empfohlen, traf mich das
glückliche sehr beneidete Loos, zum Sprecher ausersehen zu werden. Nach ge-

24 Unverständliches Wort.

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