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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
90.1972
Seite: 131
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1972/0133
Der Pfarrer vom Münster, Herr Wanker64, ein mit Silber beschlagenes auf Per
gament ungemein zierlich und nach der Art der Alten mit Gold und Farben geschrie
bens und gemaltes Gebetbuch.

Der Prior der Karthause in Ebnet Bruno65, eine hölzerne täuschend nachgemachte
kalte Pastete, nach Art jener von Perigord, die man häufig verschrieb, gefüllt mit
allen erdenklichen Kinderspielereien, aus Elfenbein künstlich gedrechselt von einem
seiner Mönche.

Der Wirth im Gasthof zum Storchen, gemeinweg nur „by Gott" genannt66, weil
er diese Worte immer im Munde führte, bei dem der Bräutigam durch die ganze Zeit
seines Aufenthalts logiert hatte, gab 12 Bouteillen des auserlesensten Champagner
Weins.

Der Rittmeister von Biedler67 ein sehr würdiger und ungemein gebildeter Offizier,
der sich sehr um die Braut bewarb, und die ihm auch die ganze Stadt herzlich gegönnt
hätte, weil er gleich ihr in Jedermanns Achtung stand, gab einen großen Korb und
darin ein paar niedliche mit Gold und Seide gestickte Pantoffeln, so genau an die
kleinen Füße passend, daß sie nach dem Maaß gemacht sein mußten, mit den bedeu
tenden Inschriften: „für mich allein", auf dem Korb, und auf den Pantoffeln: „für
dich allein". Der Sinn war nicht schwer zu deuten, auch schien die Braut darüber emp
findlich und er verdarb es dadurch mit ihr ganz. Wahr ist es daß man dem Fräulein
ein bischen Herrschaft, und dem Bräutigam viel Langmuth zu traute. Aber er hatte
ja nichts mehr zu verlieren, und ganz Engel konnte sie ja auch nicht seyn.

Rührend war es, als ganz am Schluße sich noch die als Hausarme, in der ganzen
Stadt bekannte alte Frau Suse hervordrängt, und weil sie wöchentlich von der Braut
eine kleine Gabe empfing, nun in ihrem besten Anzüge ein Briefchen Nähnadeln auf
Hymens Altar legte. Der Schritt war von ihr oder ihrem Rathgeber wohl berechnet,
denn er trug ihr ein sehr reichliches Almosen ein. Darin bestanden die ausgezeichne
ten Haussteuren. An Leinwand aller Gattungen, in ganzen Stücken, an Zwirn, Garn,
Flachs, Lein, Hanf, Küchengeräthe von Kupfer, Meßing, Zinn, Bleich, Eisen, an ge
meinem Porzelan, Fayence, Töpferarbeit, an Meubles von Holz, Zucker in Hüten,
Chocolade, Thee, Kaffee, Gewürz aller Gattung, Wachs, Konfekt, Zuckerbäkerei,
und andern in der Haushaltung unentbehrlichen und nützlichen Dingen, sammelte so
viel und Verschiedenes, daß alle zusammengetragenen Tische schon nimmer hin
reichten um Alles aufzustellen. Man berechnete bloß im innern Werthe das ganze

auf mehr als fl. 12.000 .....und man schätzte die Anzahl der Theils wirklich

Anwesenden, als jener die nach dargebrachter Gabe die Versammlung wieder verließen
, auf 350 Personen, so laut sprach sich die allgemeine Hochachtung und Zu
neigung für dieses liebenswürdige und wegen des Schattens den sie auf alle Gefähr
tinnen warf, etwas streng gehaltenen Fräuleins aus. Auch mag wohl die schon selten
gewordene Festlichkeit selbst der Handlung einen großen Zusammenfluß bewirkt
haben. Gewöhnlich wie man mir erzählte währte eine solche Feierlichkeit 1 2 Stun
den, hier zog sie sich von 4 Nachmittags bis 10 Abends, darauf folgte ein Soupee wozu
aber herkömmlich nur die nächsten Verwandten geladen waren, und erst nach Mitter
nacht brachte man mit den üblichen sehr lästigen Förmlichkeiten die Brautleute
zu Bete.

Am folgenden Tag die gesammte Bürgerschaft auf dem Rathhause einen glänzen
den Ball, wozu 500 Karten ausgetheilt wurden, glänzende Beleuchtung, Überfluß,
und Güte der Erfrischungen und gute Musik fehlten nicht, man vermißte aber dabei
jenes ungenirte Wesen, welches die Seele aller Lustbarkeiten ist. Kenner wollten

64 1769 gibt es keinen Münsterpfarrer dieses Namens in Freiburg, auch ist in den Ehebüchern —
A. Müller —■ des Freiburger Münsters diese Hochzeit nicht verzeichnet. Nach Mitt. des kath.
Pfarramtes Münster (Elsaß), Ablpe Robert Rosenblatt v. 17. 3. 1972 beginnen die dortigen Archivalien
und Kirchenbücher erst 1808.

65 Propst des Karthäuserklosters bei Freiburg seit 1736 Bruno Bürgin, Krieger, Top. Wörterbuch
Bd. I, S. 635.

66 Johann Michael Kempff; Flamm, Gesch. Ortsbeschreibung Bd. II, S. 165.

67 Nicht zu ermitteln.

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