Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
90.1972
Seite: 153
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durch welche die Gläubiger von Auswanderungswilligen zur Anmeldung
ihrer Forderungen veranlaßt wurden, sprechen eine ebenso deutliche
Sprache. Notkomitees ließen damals mehrfach Aufrufe ergehen, um die schwer
leidende Bevölkerung vor allem auf dem Gebirge mit dem Notwendigsten
zu unterstützen. So nimmt es nicht wunder, daß ein Maler und Kupferstecher
in dieser Zeit kaum zu Brot kommen konnte. Lesen wir doch in der Freiburger
Zeitung von 1852 ohne Namensangabe sogar vom Freitode eines einheimischen
Kupferstechers, so daß wir zuerst beinahe vermuteten, es handle sich um
Lerch. Schließlich hat Lerch selbst seine Notlage häufig unterstrichen. Denn
er sagt im Jahre 1850, er habe sich sechs Jahre zur Vervollständigung seiner
Kenntnisse in der Schweiz aufgehalten und er wäre dort weiter geblieben,
wenn er nicht seit drei Jahren ohne alle Kunstbeschäftigung gewesen wäre.

Die damalige allgemeine Lage und die Durchleuchtung der Lebensumstände
Lerchs läßt nun auch deutlich werden, warum die Stadt Freiburg ausgerechnet
in dieser Zeit der allgemeinen Not und der Ebbe in der Stadtkasse
einen Auftrag für die Anfertigung einer großen Stadtansicht erteilte. Es
handelte sich dabei nämlich keinesfalls, wie noch im 16. Jahrhundert, in erster
Linie um ein Zeichen hochgemuten Bürgergeistes, der sich seiner Leistungen
gewiß ist. Auch modernes Mäzenatentum für Künste und Wissenschaft
spielte offenbar keine entscheidende Rolle. Vielmehr war es eine Maßnahme
der Arbeitsbeschaffung für einen arbeitslosen Zeichner und Kunstmaler, der
als Freiburger Bürger sonst der Unterstützung durch die Armenkasse ohnedies
zur Last gefallen wäre. Als man sich zu der erwähnten Maßnahme entschloß
, unterstellte man den Zeichner der Beaufsichtigung von zwei Ratsangehörigen
, die streng auf die termingemäße Vollendung des Werkes sehen
sollten. Trotzdem zog sich diese dann allerdings doch fast zwei Jahre bis 1852
hin.

Die Anregung zur Schaffung eines solchen Panoramabildes seiner Vaterstadt
ist freilich von Lerch selbst ausgegangen. In einer Eingabe an den Stadtrat
vom 5. Juni 1850 führt er aus: „Die Stadt Freiburg nimmt nämlich in der
Geschichte einen Platz ein, welcher notwendig veranlassen muß, ihr jederzeit
jene Aufmerksamkeit zu schenken, die ihr vorzugsweise in jeder veränderten
Lage gebührt. Es hat sich aber dieselbe seit zehn Jahren wesentlich verändert
und man kann sagen, daß in dieser Beziehung mit der Zeit vorwärts geschritten
, daß bisher auch nichts versäumt wurde, daß man vielmehr schon manche
große Opfer bezüglich der Fertigungen von äußeren und inneren Ansichten
der Stadt Freiburg und insbesondere bezüglich der Grundrisse und Verschönerungspläne
gebracht hat. Soviel in dieser Beziehung aber schon geleistet
wurde, so mangelt gerade die schönste, die interessanteste Übersicht der Stadt
Freiburg, nämlich die Ansicht derselben von oben herunter, bei welcher man
jedes einzelne Gebäude in seiner ganzen Form, den Hof räum, Gärten usw.
auf einen Blick in seinem natürlichen Zustande usw. übersehen kann, ein
Stadtplan, in welchem der Grundriß mit den darauf stehenden Realien gepaart
ist. Einen solchen, Vogelperspektive genannt, zu fertigen, habe ich mir
zur Aufgabe gemacht, verbunden mit der Absicht, dadurch nicht nur der Stadt,
sondern auch mir ein Verdienst, welches insbesondere von Kunstkennern die
nötige Anerkennung finden soll, zu bereiten." Erst am Schluß seiner Eingabe
wird deutlich, daß Lerch diese Pläne aus einer Notlage heraus dem Stadtrat
unterbreitet hat. Er sagt von sich, er habe sich schon sechs Jahre in der Schweiz

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