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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
90.1972
Seite: 213
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1972/0216
Der „Imger9 in der Tennenbacher Grundherrscha!t

Von Clausdieter Schott

Zu den wiederkehrenden Rechtsfiguren der Geschichte gehört die Treuhand.
Sie tritt meist dort in Erscheinung, wo neuen Bedürfnissen im überkommenen
Rechtsgefüge kein Platz angewiesen ist. Da durch die Treuhand eine vorfindliehe
Zuordnungsform anderen Zwecken dienstbar gemacht wird, bewegt sie
sich zunächst oft im unsicheren Bereich zwischen verbotenem Umgehungsgeschäft
und konstruktiver Rechtsfortbildung. Wenn sich jedoch die Treuhand
durchgesetzt hat, vermag sie in differenzierter Weise ihre Vermittlerfunktion
zu entfalten. Eine eigene Treuhandform des mittelalterlichen Rechts ist die
Trägerei, die sich in mancher Hinsicht an die ältere Salmannschaft anschließt1.
Der Träger ist sprachlich — zunächst als verbales „tragen" — seit der Mitte des
13. Jhs. nachzuweisen. Schon unter den ersten Belegen finden sich solche aus
dem Breisgau. An der Sprache läßt sich auch die Entwicklung des Wortes
„tragen" zu einem eigentümlichen Rechtsbegriff ablesen. Die Ausgangsbedeu-
tung von „tragen" ist zunächst schlicht „haben", „innehaben", „besitzen". Erst
das Besitzen für einen andern, das fremdnützige Tragen, gab dem „getreuen
Trager" — kurz dann einfach Trager oder Träger — den Sinn einer besonderen
und vielfältig einsetzbaren Treuhandform. Die ursprüngliche und daneben
erhalten gebliebene Bedeutung des Wortes „tragen" als eigennütziges Besitzen
und die darin liegende Ausweitungsmöglichkeit auf ein drittnütziges „tragen"
zeigt anschaulich ein Eintrag im Tennenbacher Güterbuch aus dem 15. Jh. Es
handelt sich um Güter in Teningen, für die bestimmt wird, daß „die selben
guter nuwant zwo hende verrechtigen und tragen, also daz die guter, so ir yeg-
licher buwet, nüt me denne ein hande tragen sol" 2

Die schon sprachlich angelegte Offenheit des Trägerbegriffs ließ aus diesem
ein Sammelinstitut werden, das in sich zahlreiche und verschiedenartige Anwendungsgruppen
aufnahm. Die Trägertreuhand durchdrang alle Rechtskreise
und beschränkte sich nicht auf Eigen- oder Lehengut. Starke Verbreitung fand
die Trägerei im bäuerlichen Recht, und gerade hier war geeigneter Boden für
eine weitere, reiche Formentfaltung. Der Träger vertrat die Hausgemeinschaft
gegenüber der Grundherrschaft, und nur nach seiner Person bestimmten sich
regelmäßig die Abgaben von Todes wegen und die Handänderungsgebühren.
Ebenso erhielt der Träger formal bei fortschreitender Mobilisierung und Güterzerteilung
die alten Grundeinheiten, die damit zu Zins- und Abgabeeinheiten
wurden. Auch anderen Gemeinschaften, vor allem aber Körperschaften, Stif-

1 Wegen der näheren Einzelheiten sei auf meine in DruckvorbeYeitung befindliche Arbeit über den
Träger als Treuhandform verwiesen.

2 Das Tennenbacher Güterbuch (1317—1341). Bearbeitet von M. Weber, G. Haselier, A. Schäfer,
H. G. Zier, P. Zinsmaier 1969 (Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde
in Baden-Württemberg, Reihe A Quellen, 19. Bd.) S. 485. Im folgenden sind Seitenzitate ohne
nähere Angaben solche des Güterbuchs. — Martin Wellmer hat zuletzt in dieser Ztschr.
89. Jahresheft (1971), S. 5 ff., über die Edition berichtet und hat den Reiz dieser Quelle zu wei
teren Einzeluntersuchungen aufgezeigt (S. 20). Mit dem vorliegenden Beitrag soll diese Anregung
aufgegriffen und damit ein Wort des Dankes verbunden werden, den gerade die Rechtsgeschichte
Martin Wellmer schuldet

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