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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
90.1972
Seite: 237
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die Hände in stummem Schmerz in den Schoß legen. „Der Beklagte selbst
fährt da fort, wo die polizeilichen Akten aufhören, und erzählt uns, daß sie
noch energischer als bis dahin fortfuhr, ihre Wirtschaft zu betreiben. Ihre Sorge
wendete sich den Vertriebenen, den in der Verbannung lebenden Schwestern
zu. Am Abend ihres Lebens war sie von der Hoffnung erfüllt, daß die Ordensgemeinschaft
dereinst in neuem Glänze wiedererstehen werde. Diese Frau
dachte ruhig an Grab und Tod. Sie bestellte vorher besonnen ihr Haus. So viel
ist gewiß, daß sie dabei keinen Bedacht auf ihre Verwandten nahm. Was konnte
ihr auch an fernen Vettern und Basen liegen?" Sie war zweifellos das Urbild
einer persona integra. Auch bei Dr. Marbe sind Bedenken eigennütziger Handlungsweise
ausgeschlossen. Er ist ein über jede moralische Verdächtigung erhabener
Mann. Ihm ist zu glauben, wenn er beteuert, daß er nicht den Gewinn
auch nur eines einzigen Pfennigs aus der Erbschaft zu ziehen beabsichtigte.
Aber die Fassung der Verträge erschüttert ihre Rechtskraft. Als die wahren
Bedachten müssen sinngemäß die 18 namentlich genannten Personen angesehen
werden, denen die Verkäuferin Rechte zuwies. Sie verkörpern nach der Überzeugung
des Gerichtshofes den früher bestandenen klösterlichen „Verein", der,
wenn irgend möglich, alsbald nach dem Tode der Vermächtnisgeberin in den
Besitz des ihm zugewendeten Vermögens kommen sollte. Verzögerte sich die
Inbesitznahme, so war Dr. Marbe dazu bestimmt, sie vorübergehend auszuüben.
„Er selbst ist hiernach eine unterschobene Person im Sinne des Landrechtssatzes
911, und der Kaufvertrag ist die Einkleidung einer letztwilligen Verfügung in
einen belasteten, mit einer Mittelsperson abgeschlossenen Vertrag."

Die Entscheidung über die Klage der Intestaterben gegen Katharina Wangler
, Gregor Gremmelspacher und Veronika Pfändler, die am 4. März 1873 eingesetzten
Testamentserben, hatte das Landgericht ausgesetzt, bis das Urteil
gegen Dr. Marbe ergangen war. Am 7. Mai 1880 erkannte es zu Recht: „Die
letztwillige Verfügung der verstorbenen Veronika Benitz vom 4. März 1873
wird für ungültig erklärt und demzufolge ausgesprochen, daß den genannten
Beklagten keine Berechtigung am Nachlaßvermögen der Veronika Benitz zusteht
, die Beklagten vielmehr zu gestatten haben, daß dieses Vermögen lediglich
nach gesetzlicher Ordnung unter die vom Gesetz berufenen Erben verteilt
werde."

Am 3. Juni 1880 meldeten die drei Beklagten durch ihren Anwalt von Wän-
ker gegen dieses Urteil die Appellation an. Ihnen folgte Dr. Marbe in eigener
Person durch Einlegung der Appellation beimOberlandesgericht in Karlsruhe.
Ihre Berufungen blieben erfolglos. Der III. Zivilsenat des Oberlandesgerichts
Karlsruhe bestätigte durch Urteil vom 8. November 1880 die beiden Urteile des
Landgerichts. Die Entscheidungsgründe waren im großen und ganzen die gleichen
wie diejenigen des Untergerichts. Auch das Oberlandesgericht erklärte den
Rechtsanwalt Dr. Marbe zur untergeschobenen Person gemäß Landrechtssatz 911.

Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe legte Dr. Marbe sowohl
als Vertreter einiger Nebenintervenienten als auch in eigener Sache Revision
beim Reichsgericht in Leipzig ein. Mit Urteil vom 22. Februar 1881 hob dieses
höchste deutsche Gericht in einigen Punkten die Entscheidungen der Vorgerichte
auf, in den übrigen bestätigte es sie. Das Reichsgericht stellte fest: Alle 17
gesetzlichen Erben legten Revision ein. Fünf von ihnen hatten vorher auf ihr
Erbrecht Verzicht geleistet. Der Revision aller Erben wird stattgegeben mit
der Mafigabe, „daß die Verfügungen der Veronika Benitz nur den Klägern

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