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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1974/0044
Der Hofpfalzgraf

Rubrae cerae apud Germanos
praecipua est nobilitas.

Westermann: De iure sigillorum 1675

Hatte das Jahr 1554 die Promovierung Böcklins zum Dompropst von Magdeburg
erbracht, so sollte im folgenden Jahr, in dem der Kaiser bereits Abschied zu
nehmen begann, eine neue Rangerhöhung sich vollziehen. Am 20. August 1555
wurde Böcklin in Brüssel vom Kaiser Karl V. die kleine Hofpfalzgrafwürde89 verliehen
, sie sollte auf seine Söhne übergehen, welche den Doktorgrad oder die Ratswürde
erlangten. Diese Bestimmung erscheint merkwürdig, da Böcklin mindestens
seit 1550 verwitwet war, nur eine Tochter besaß, und als Dompropst bereits in den
geistlichen Stand eingetreten war. Auch auf Böcklins Familie senkte sich die kaiserliche
Gnade: außer ihm erhielten seine Brüder Claudius und Wendelin, sein Neffe
Rudolf Wilhelm und seine Vettern Ulmann, Wolfgang und Jakob als Privilegien
das Freizugsrecht, Steuerfreiheit, Befreiung vom Westfälischen- und Reichshofgericht
, und das Recht, mit rotem Wachs zu siegeln, verliehen. Die Wertschätzung
und Vorzugsstellung der roten Farben reicht weit in die Vergangenheit zurück: das
Purpurgewand, aber auch der Sarkophag aus Porphyr, blieb dem Kaiser vorbehalten
. Der Urgrund dieser Präferenz mag im Kultischen liegen. „Rubrae cerae apud
Germanos praecipua est nobilitas" schrieb Westermann 1675 in seiner Dissertation
über das Recht der Siegel. Die Verwendung der roten Siegelfarbe war ursprünglich
an das große Comitiv (Hofpfalzgrafenamt) geknüpft, das auch das Recht begründete
, Adelsverleihungen vorzunehmen, in manchen Fällen sogar, andere Pfalzgrafen
zu bestellen. Böcklin wurde zum „kleinen Pfalzgrafen" bestellt. Er war daher
zur Vornahme von Nobilitierungen und Erteilung von Adelsbestätigungen
nicht befugt. Böcklin befand sich wohl in guter Gesellschaft anderer Pfalzgrafen,
wenn er diese Begrenzung in drei Fällen in verklausulierter Form überschritten hat.

Die Ursprünge des Palatinats dürften bereits im römischen Recht zu suchen sein.
In Italien, insbesondere in der päpstlichen Verwaltung, im oströmischen Reich, aber
auch im deutschen Reich des Mittelalters entwickelte sich, durch wechselseitige Anregungen
gefördert, das Rechtsinstitut des Palatinats. Der Kaiser als Herr des Pa-
latiums, des kaiserlichen Hofs, übertrug Reservatrechte, vor allem auf dem Gebiet
der freiwilligen Gerichtsbarkeit, an Personen, die einer derartigen Auszeichnung
würdig erschienen. Wenn in der karolingischen Zeit der comes palatinus Vorsteher
der königlichen Gerichtsschreiberei war, so hat Kaiser Karl IV. durch die erstmals
1363 erfolgte Verleihung des Pfalzgrafenamts eine Entlastung der kaiserlichen
Kanzlei herbeigeführt. Aus der Praxis der päpstlichen Verwaltung scheint der Titel
des „comes sacri palatii Lateranensis" hervorgegangen zu sein, der zur Zeit des
Kaisers Karl IV. gleichzeitig mit dem Titel des einfachen Pfalzgrafen auftritt und

89 Das Diplom wurde bereits am 9. VIII. 1555 in Brüssel ausgestellt. Vgl. Hofpfalzgrafenregister, hgg. vom
Heroldsausschuß der Deutschen Wappenrolle „Böcklin".

Eberhard Dobler, Das kaiserl. Hofpfalzgrafenamt und der Briefadel im alten Deutschen Reich vor 1806.
Diss. Freiburg 1950.

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