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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1975/0069
kungsweise und das Laden der Steinbüchse. Dann sagt er: „Nun steht im Folgenden
beschrieben, wer die Kunst aus Büchsen zu schießen als erster (er)fand, und
wodurch er es fand.. .. Diese Kunst hat erfunden ein Meister, der Niger Berchtol-
dus hieß, ein Nigromant (nigermanticus), die die große Alchymie betrieb ..."

Und über diesen Text schrieb Hansjakob, er sei „von köstlicher Naivität"! Hier
liegt ein erstes, klar gegliedertes, sachlich fundiertes Lehrbuch vor, geschrieben von
einem Mann, der über eine reiche fachliche Erfahrung verfügte. In diesem Buch,
das m. W. nie ein Chemiehistoriker in seine Betrachtungen einbezogen hat, liegt ein
großer Teil der damals bekannten praktischen Chemie vor. Wenn v. Lippmann
sagt, daß neben der Alchemie her eine ungebrochene chemische Tradition vorgelegen
hat, dann haben wir im Deutschen Feuerwerkbuch einen wesentlichen Beweis
für diese These, denn gerade für das 14. und 15. Jahrhundert kann v. Lippmann
seine Hypothese nur schwer stützen.

Auf dem Gebiet der Waffentechnik aber läßt sich der ganze Komplex der Mißverständnisse
und Kontroversen ausräumen, der die frühen Pul verwarfen betrifft,
also den Zeitraum von 1325-1375. Man muß nur die einfache Unterscheidung treffen
zwischen der Niederdruckwaffe und der Hochdruckwaffe. Vor Berthold, d. h.
vor 1370/75 gab es nur die Niederdruckwaffe, die durch geringe Verdämmung der
Treibladungen gekennzeichnet ist. Die Geschosse sind lose eingelegt, mit Werg oder
Pech abgedichtet und die Rohre oft aus Holz. Nach Berthold aber setzt sich die
Hochdruckwaffe durch, gekennzeichnet durch starke Verdämmung, die mittels
eines eingeschlagenen Holzklotzes erreicht wird. Die Pulverkammer ist deshalb
enger als der Flug und deutlich von ihm abgesetzt. An diesem Prinzip (vgl. Abb. 8)
hat sich vom Zeitpunkt seiner Erfindung um 1370/75 bis 1450 nichts geändert,
außer daß die sehr kurzen Läufe der Anfangszeit allmählich länger wurden und
verschieden schwere Typen entwickelt worden sind, von der Faustfeuerwaffe bis
zum schwersten Geschütz. Erst die „Burgunderkanone" verzichtet auf den Klotz.
Ihre Ladehäufigkeit wird dadurch größer. Anstelle des Steins tritt die eiserne Kugel
, deren Dämmung allerdings schlechter und deren Reichweite dadurch geringer
wird.

Aus den relativ wenigen, bisher widersprüchlichen Fakten über die Frühgeschichte
des Pulvers, kann nun, wenn man sie als die Geschichte der Niederdruckwaffen
betrachtet, fast zwanglos ein Werdegang abgeleitet werden, wie er sich heute mit
großer Wahrscheinlichkeit darstellt. Es gibt keine zeitgenössischen Waffen mehr;
oft unklare Bezeichnungen - der Begriff „Geschütz" oder „Schießen" kann sich auf
Pulverwaffen ebenso beziehen wie auf Bliden, Onager und andere Ballisten - und
sehr wenige bildliche Darstellungen. Berichte lassen selten'klar erkennen, ob „griechisches
Feuer" oder echtes pulverähnliches Gemisch verwendet wird. Deshalb ist
die Deutung von Begriffen und Beschreibungen, die als zeitgenössische Unterlagen
vorhanden sind, sehr schwierig.

Brennende Materialien, wie Pech, Harz, Teer, Naphta usw. sind stets in Kriegen
benutzt worden. Man schleuderte die Feuerbrände mit Ballisten oder schoß brennende
Pfeile ab. Diese Waffen eigneten sich weniger in der freien Feldschlacht, mehr
bei Belagerungskämpfen. In den „Kestoi" des Julius Africanus, die um 350 n. Chr.
von ihm begonnen, durch Fortsetzer weitergeführt worden sind bis in das 6. Jahr-

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