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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1975/0076
sie wenig bei, in keinem Falle darf man voreilige Schlußfolgerungen daraus ziehen,
wie etwa die, daß Berthold in jenem Zeitraum gelebt bzw. gearbeitet haben müsse.

Über die richtige Zusammensetzung der Schießpulver war man sich nicht im
Klaren. Wenn man sich auf die drei wesentlichen Bestandteile beschränkte, dann
sind sie unterschiedlich zusammengesetzt worden. Wie groß diese Unsicherheit war,
zeigt das älteste erhaltene Pulverrezept in einem Manuskript der bayerischen
Staatsbibliothek aus dem Jahre 1338, das 10 Tie Kohle, 10 Tie Salpeter und nur
einen Teil Schwefel, sowie Firnisglanz als Zusatz empfiehlt. Es ist ausdrücklich als
Büchsenpulver bezeichnet. Unter „Büchse" verstand man damals die Kanone.

Wie schon erwähnt, wird im Jahre 1376 die erste Steinbüchse von Redusio da
Quero eindeutig beschrieben. Nach Rathgen erscheint sie 1374-77 in Frankreich
und England, nach Hansjakob 1376 in Venedig und Genua, und sie wird als Erfindung
eines Deutschen genannt. In Köln erscheint sie um 1376, gegossen von
Walter von Arle, in Florenz (wahrscheinlich eine Steinbüchse) 1376, in Augsburg
1378, gegossen von Hans von Arow (Arauer).

Es gibt nur eine einzige Ausnahme: Auf einer Malerei in der Kirche St. Leonardo
in Lecetto bei Siena ist eine Steinbüchse abgebildet. Die Entstehung der Malerei
wird auf etwa 1340 geschätzt. Es ist aber unmöglich, daß eine durchschlagende
neue Erfindung, die um 1375 aus Deutschland kommt, schon 134o in Italien gemalt
worden sein kann. Man möge das Bild auf sein wirkliches Alter prüfen. Entweder
ist es nach 1375 entstanden, oder die betreffende Stelle ist übermalt worden. Denn
die Steinbüchse und das Schießen damit wird als „die neue Kunst" bezeichnet. Es
gilt als sicher, daß der Oberrhein maßgeblich daran beteiligt war. Straßburg galt
seinerzeit als waffentechnisch führend, Freiburger Büchsenmeister gössen um 1415
nachweislich die ersten eisernen Rundkugeln. Wenn man unterstellt, daß diese
Kunst von hier ihren Ausgang nahm, so erscheint es als glaubhaft, wenn diese neue
Waffe über die alten Handelslinien sich verbreitet hat. Vom Oberrhein nach Oberschwaben
und damit Augsburg und Norditalien, rheinabwärts nach Köln, das zu
Freiburg in besonders engen Beziehungen stand. Rathgen ist der Auffassung, daß
am Oberrhein das Zentrum der Steinbüchsenmeisterei gewesen sei. Dieser Satz
eines erfahrenen Waffenkenners scheint mir wesentlich zu sein, denn Rathgen wußte
nicht, daß Berthold die Steinbüchse erfunden hat. So deutet dieser Befund stark
auf die — noch unbekannte - Heimat Bertholds hin. Trier, Burgund und andere
Städte oder Länder ließen ihre Büchsenmeister vom oberrheinischen Raum kommen
.

Um 1377 betrug die Länge des Fluges bei der Steinbüchse noch ein Kaliber. Sie
war mörserähnlich gebaut, der Stein sah vorne aus dem Flug heraus. Sehr schnell
aber wurden die Rohrlängen größer, die Steine schwerer. Um 1377 besitzt Amsterdam
eine im Rijksmuseum befindliche Steinbüchse alter Form für Steinkugeln von
50 cm Durchmesser (180 kg Gewicht) und einem Eigengewicht von 425 kg. Aus
diesen wenigen Daten mag man ermessen, wie schnell die Entwicklung damals
voranschritt.

Diese Büchse wird erstmalig eingesetzt im Kampf Venedigs gegen Genua um die
Insel Chiozza 1378-79. Sie entscheidet die Schlacht um die Stadt zu Gunsten Venedigs
. Am 3. 12. 1379 wird der Friede geschlossen, die Nachricht darüber breitet

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