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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1975/0079
Wenn män die obigen Berichte sehr aufmerksam liest, ist es erstaunlich festzustellen
, daß ein zweihundert Jahre dauernder Streit um Berthold ausbrechen konnte.
Es steht alles darin, was man wissen muß, natürlich in der nichttechnischen Sprache
unserer Vorfahren. Wir haben hier das Phänomen vorliegen, daß ein Mann in
jahrelanger systematischer Experimentierarbeit ein Ziel erreicht, zu einer Zeit, da
man das systematische Experiment noch nicht kannte. Aber wahrscheinlich wissen
wir zuwenig über jenen Zeitraum. Sicher ist auch, daß Berthold von der Alchemie
herkam, daß er ähnlich wie Galilei mit den Hypothesen der Empedokles und Aristoteles
eine Auseinanderletzung suchte. Wenn die Historizität Bertholds bislang
bezweifelt worden ist, so gibt es jetzt einen sicheren Beweis dafür: Seine Erfindung,
die Schußwaffe.

Gehen wir noch den Schritt weiter zu seiner Person und seiner Bedeutung: Es ist
wohl Aventinus gewesen, der den Bericht des Felix Hemmerlin kannte, aus Ber-
tholdus niger den Herrn Berthold Schwarz machte - kein Ruhmesblatt für einen
Humanisten - und die Nachricht über Achilles Pirminius Gasser an Sebastian Münster
weitergab. Dieser publizierte in seiner Kosmographie „Erste Ausgabe 1544"
für die Pulvererfindung die Jahreszahl 1380, in der zweiten Ausgabe von 1546 die
Jahreszahl 1354, inzwischen wohl anders informiert durch Gasser. So kamen beide
Zahlen in Umlauf. Die Flut der Erwähnungen steigt mit dem Aufkommen des
Buchdrucks plötzlich an, viele davon sind unsachlich, polemisch und geschmacklos.
Nur Thewet, der eine der ersten Abbildungen von Berthold in seinem 1584 erschienenen
Buch „Vie des hommes illustres" veröffentlicht, berichtet sachlich. Auch er
nennt ihn: Erfinder der Artillerie. Dann sei ein Italiener angeführt, Guido Panci-
rollus, der 1575 schreibt: Unter den Erfindungen der Deutschen nehmen die metallenen
Maschinen, welche durch Feuer und Schwefelpulver unter furchtbarem Donnerschlag
eiserne Kugeln und Steine weithin schleudern, die Mauern und Städte und
alles, was ihnen in den Weg kommt, niederwerfen, nicht den letzten Platz ein. Man
nennt sie Bombarden. Alle Erfindungen auf dem Gebiete der Kriegsmaschinen seit
Archimedes waren Kinderspiele gegen diese Bombarden, die mehr wie Blitz und
Donner zu fürchten sind. Wahr ist, daß der Erfinder ein Deutscher gewesen ist, mag
nun sein Name unbekannt sein, oder ob er ein Mönch aus Freiburg
gewesen ist, ein Konstantin Anklitzen oder ein Berthold Schwarz.

Hansjakob vermutet nun, Berthold sei ein Franziskaner oder ein Bernhardinermönch
gewesen, der mit bürgerlichem Namen Anklitzen geheißen habe. Ich bezweifle
aber, ob ein Bettelmönch die Mittel zu diesen aufwendigen Versuchen gehabt
hat, und stelle die Frage, weshalb einerseits von Berchtoldus niger, einem
Nigromanten die Rede ist, weshalb man den Namen Konstantin Anklitzen, erwähnt
, andererseits stets von einem Mönch spricht. Es wäre - wenn auch unbewiesen
- denkbar, daß ein Konstantin Anklitzen, Alchemist, die Steinbüchse erfand
und dann, als er die Konsequenzen erfaßte, in ein Kloster als Berchtoldus eintrat,
wo man ihn dann aufstöberte. Ist so der Zeitraum zwischen 1375 und 1388 deutbar
? Der Prozeß muß Staub aufgewirbelt haben. Sprach man deshalb, in der Endphase
seines Lebens, von Berchtoldus niger?

Es gibt mehrere Berichte im 16. Jahrhundert, die über Berthold sprechen, doch
nennen die Autoren ihre Quellen nicht. Im wesentlichen sagen sie dasselbe. Es gibt

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