Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
94/95.1976/77
Seite: 171
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1976-77/0177
wiederholt zu werden: „Von dessen Enkelin, die ehemals bei der Weltfirma Herder
Landkarten gemalt, da man von Farbendruck noch nichts wußte, erfuhren wir so
manche Züge, die ein helles, liebliches Licht werfen auf die tiefe, wurzelechte Frömmigkeit
der beiden Eheleute Hauser. So oft der Künstler fortging, Steine zu holen

- er pflegte sie immer selbst beizuschaffen, damit sie recht ausgewählt würden - beliebte
er seinen Kindern gar warm ans Herz zu legen: >Kinder, betet, damit Vater
heute richtige und feine Steine findet.< Und bevor der schaffende Meißel an die
Steinblöcke angesetzt wurde, aus denen so prächtige Gebilde erstehen sollten, jedesmal
versammelte der gottverbundene Künstler abends zuvor seine Familie und
legte ihr gar warm ans Herz: >Versprecht, mit mir zu beten. Denn nicht für Menschen
schaffe ich, sondern für den Allerhöchsten. Für ihn aber ist das Beste noch
nicht gut genug!< Und sein getreues Weib stand ihm ebenbürtig zur Seite. Sie war
ein Muster, ein Idealbild, eine Frau nach dem Herzen Gottes. Vor allem ging eine
große, edle, hilfsbereite, verstehende Liebe zum Nächsten wie wärmende, leuchtende
Frühlingssonne von ihrem Herzen aus und ergriff alle, die mit ihr in irgend
eine Verbindung kamen. Eine Hungersnot schwang damals wie eine grimme Tyrannin
ihre wuchtige Geißel. Bleich schlich sich das Nachtgespenst Not, Entbehrung
des Notwendigsten, durch die Straßen Freiburgs. Auch bei Hausers ging es
recht schmal zu. Da klopft's an der Türe. Eine Frau, deren blühendes Rot der
Wangen längst schon Platz gemacht jener Blässe des Angesichts, die oft mehr redet
als der Menschen Klageworte, bittet um Gottes Willen Brot für ihre Kleinen. Rasch
entschlossen greift Frau Hauser nach dem großen Schatz in ihrer Vorratskammer,
einem ganzen Laib Brot, übergibt diesen der Bittstellerin mit der Aufforderung
>Nehmen Sie ihn mit; schneiden Sie herunter soviel Sie benötigen, aber bringen Sie
mir das übrige, weil meine eigenen Kinder auch des Brotes so sehr benötigen.< Ja,
auch dieser Edelfrau gebührt ein Grabmal mit der Inschrift: >Wer 80 Jahre gearbeitet
und Gutes getan, bedarf der Ruhe - der ewigen Ruhe.<" Idealisiert und sentimental
verbrämt, wird bestätigt, daß die Familie F. A. X. Hausers sehr schlimme
Notzeiten erlebt hat. Die Jahre nach der Französischen Revolution mit Kriegsereignissen
und Existenzbedrohung der Klöster und Herrschaften, die vorher stets
für Beschäftigung gesorgt hatten, brachten einen katastrophalen Rückgang der
Aufträge für die Künstler des ausgehenden 18. Jahrhunderts mit sich. Daß oft sogar
das Geld fehlte, um den Kindern das tägliche Brot kaufen zu können, stellten
die Erbschaftsakten der Bildhauersfrau im Jahre 1795 schon sehr eindeutig fest.

Antoinette Hauser, die Gewährsperson für die mündliche Überlieferung, wurde

- noch zu Lebzeiten F. A. X. Hausers - am 16. Januar 1816 als uneheliches Kind
der Bildhauerstochter Maria Anna Theresia in Freiburg geboren und auf den Namen
Antonia Theresia getauft.27 Außer ihr gab es noch mehr illegitime Nachkommen
des „Meisters von Gottes Gnaden", eine Tatsache, die als Hinweis auf die
fortdauernd bedrängte soziale Lage der ganzen Familie nicht übersehen werden
darf. Antoinettes Mutter stellte 1818 bei der Stadt den Antrag, „in die Zahl der
privilegirten Frauenzimmerschneiderinnen aufgenommen zu werden"28 und ver-

27 Stadtpfarramt St. Martin Freiburg, Taufbuch 1807 1819, S. 236.
ae Stadtarchiv Freiburg, RP 394 Magistratsprotokoll 1818, o. S.

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