http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1976-77/0260
blick über die Wirtschaftsgeschichte Freiburgs im Mittelalter kann C. Bauer14 den
Zeitraum nach 1500 nur noch streifen; den städtischen Finanzen kann er nicht weiter
nachgehen. Diese untersucht Auer15 erst in der Zeit nach 1648.
Die Einnahme- und Ausgabebücher, auf die sich die vorliegende Untersuchung
vor allem stützt, liegen in geschlossener Reihe seit 1535 vor. Man darf annehmen,
daß die früheren Bücher zu irgendeinem Zeitpunkt verloren gingen oder vernichtet
wurden; vereinzelte frühere Bücher18 weisen ihrer Anlage nach auf einen routinierten
Schreiber hin. Detaillierte Aufstellungen, die in die Gesamtrechnungen
eingingen, finden sich z. T. schon Jahrhunderte früher. Auch Freiburg wird - wie
andere Städte - über Einnahmen und Ausgaben Buch geführt haben. Denn nur bei
Vorliegen regelmäßiger, geordneter Aufzeichnungen war es dem Leiter des Finanzwesens
möglich, die notwendige Übersicht zu behalten über Einnahmen und Ausgaben
, Außenstände, Schulden und Kassenbestand.
Bedingt durch die Quellenlage sowie die vorliegende wissenschaftliche Literatur
setzt sich die vorliegende Arbeit ein vierfaches Ziel:
1. Vorstellung (nicht Edition) unveröffentlichten Archivmaterials und Auswertung
unter folgenden Fragestellungen:
2. Wie erfolgte die Buchführung?
3. Wie setzt sich der Haushalt im einzelnen zusammen?
4. Wie entwickeln sich die Gesamteinnahmen und -ausgaben in der Zeit von 1535
bis 1650?
Freiburg im 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts
Abgesehen von der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist das seit Ende des 15.
Jahrhunderts von der Herrschaft der Zünfte bestimmte Freiburg im Beobachtungszeitraum
von außergewöhnlichen Ereignissen und Katastrophen weitgehend
verschont geblieben. Das Interesse der Chronisten17 gilt eher bewegten Zeiten;
Gothein soll die Jahre vor dem Dreißigjährigen Krieg einmal als „Deutschlands
ödeste Zeit" charakterisiert haben18: Friedliche Zeiten ohne stürmische Entwicklung
galten denen, die den Krieg nicht erlebt haben und die Errungenschaften des
Friedens für selbstverständlich halten, nicht selten als langweilig, wenn nicht gar
als dekadent.
Noch vor dem Berichtsraum liegen die Abfassung des Neuen Stadtrechts durch
Zasius (1520),19 der Bundschuh, der Bauernkrieg sowie Auswirkungen der Reformation
: Bücherverbrennungen auf dem Münsterplatz (1525), Übersiedlung des
Basler Stifts nach Freiburg (1529), Aufenthalt des Erasmus in dieser Stadt (1529 bis
1535). Von der wirtschaftlichen Kraft Freiburgs vor und im Berichtszeitraum zeugen
Gebietserwerbungen und -erweiterungen20 sowie Bautätigkeit21 und - nicht
leicht zu interpretieren - Bevölkerungswachstum: Nach Schätzungen hatte Freiburg
um 1500 etwa 6000-6500 Einwohner, zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges mit
etwa 10 000 Einwohnern seine größte Bevölkerungszahl. Diese sank im Laufe des
Krieges erheblich: Über rund 9000 (1632) auf 3500 bis 4500 Einwohner (1650).22
Die Berichtszeit selber zeichnet sich aus durch starke Preissteigerungen, nicht zuletzt
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