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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1977/0041
mutlich als unzweckmäßig erwiesen. So hatte man sich schon in der
Mannheimer Satzung von 1822 für eine ähnliche Formulierung
entschieden19, während die Karlsruher sich noch sehr rigoros gegeben
und alleine „Handwerkern, Dienstboten und Tagelöhnern
und Leuten dieses Stands" ihre Sparkasse geöffnet hatten20.

Die Genugtuung darüber, daß die ideengeschichtliche Kontinuität
der Gründungskonzepte zumindest keinen offenen Bruch
erlitten hat, wird allerdings dadurch gedämpft, daß man sich sehr
ernsthaft fragen muß, ob dieses ganze Konzept überhaupt sinnvoll
war. Bedeutete die Sparkassengründung nicht ein Paradox?

Gerade Sautiers menschenfreundliche Überlegungen sind es, die
diese Frage nahelegen. Behauptet er doch mit größtem Nachdruck,
daß die „allerdürftigste Menschenklasse" am meisten dieser Sparkasse
bedürfe, also gewissermaßen die „Ärmsten der Armen". Hat
der Geistliche sich vielleicht auch vom Schwung seiner eigenen
Rhetorik besonders weit mitreißen lassen, so gibt es doch genügend
Beweise dafür, daß man auch anderwärts ähnlich dachte. So heißt
es z.B., daß sich ungefähr gleichzeitig die bayerischen Behörden
bemühten, „der allgemein herrschenden Armut durch Errichtung
von Sparkassen entgegenzuwirken"21.

Das klingt natürlich ungemein lobenswert, nur leider nicht sehr
vernünftig. Was sollen Arme mit einer Sparkasse? Oder gar die
„allerdürftigste Menschenklasse"? Satt essen mußte für sie das
höchste aller Ziele bleiben! Sparen konnten sie nicht! Oder doch?

Schreibt doch Sautier selbst in eben demselben Schriftstück, daß
just diese „Allerdürftigsten" sich zum Luxus verleiten lassen oder
gar zu „Juden-Zinsen" Geld ausleihen.

Eine reichlich befremdende Passage findet man auch in einem
Gründungsdokument der Karlsruher Sparkasse. In der „Bekanntmachung
, die Errichtung einer Ersparnis-Kasse in Karlsruhe betreffend
" heißt es 181622:

„Der bedeutende Erwerb, den Handwerksgenossen, Dienstboten
und Tagelöhner zu machen Gelegenheit haben, erlaubt denselben
neben der Deckung ihrer Bedürfnisse öfters auch Ersparnisse
für den Fall, daß Krankheit oder Alter die Erwerbsfähigkeit
mindern, oder auch für künftige Niederlassung zurückzulegen."

Hier ist nun plötzlich von „bedeutendem Erwerb" bei eben denselben
Personen die Rede, die Sautier zur „allerdürftigsten Menschenklasse
" zählt. Ein Jahr später schrieb man in München
sogar23:

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