http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1977/0080
Bedrückendes Elend
um 1850
Steuern als
Indikator
gleichförmiger
Aufwärtstrend
Zahlen hapert. Verbale Zeugnisse, die freilich immer in der Gefahr
stehen, nur den subjektiven Eindruck des Berichters wiederzu
geben, sind ebenfalls nicht gerade häufig. Da gibt es einmal 1830
einen Hinweis von sehen der Beurbarungskommission auf die
„überhand nehmende Armut der Ackerbau und Gewerbetrei
benden Klassen"23. Knapp ein Jahrzehnt später heißt es, daß sich
die Freiburger Gewerbe „im Allgemeinen eines guten Fortkommens
" erfreuen24. Beide Aussagen sind durchaus miteinander vereinbar
, wenn man berücksichtigt, daß die erste in einer Zeit konjunkturellen
Tiefstandes25 gemacht worden ist, während die zweite
aus einer Zeit stammt, in der sich die wirtschaftliche Wechsellage
wesentlich besser präsentierte. Wenige Jahre später, in der Krise
von 1846/47, sollten Berichte folgen, die bedrückendes Elend
schildern würden, und auch noch 1854 konnte man über die Umgebung
Freiburgs ähnliches lesen:
„80 Familien mit 400 Köpfen haben keine Nahrungsmittel
mehr. Und doch sind die hiesigen Ortsangehörigen nicht arbeits
scheu und verschwenderisch, vielmehr tätig und sparsam. Viele suchen
im Sommer in der Umgebung und in weiter Entfernung Arbeit
, jetzt aber stocken alle Geschäfte, und die Ersparnisse sind
aufgezehrt."26
Diese Krisenberichte häufen sich in der Zeit von 1846 bis in die
Mitte der fünfziger Jahre, fehlen aber vorher. Einiges spricht somit
dafür, daß im langfristigen Trend der vorangehenden 1V2 Jahr
zehnte eine geruhsame, aber kontinuierliche Aufwärtsbewegung
vorherrscht. Dieses Bild bietet zumindest die Steuerstatistik mit
einem ungemein regelmäßigen, aber nicht gerade steilen Anstieg
des Steuerkapitals in der Zeit von 1828 bis 1839. Bei der Häusersteuer
betrug es anfänglich 2,8 Mio. fl. und stieg auf 3,1 Mio. fl.
an, bei der Gewerbesteuer lag es zu Beginn bei 2,7 Mio. fl. und er
reichte schließlich 3,2 Mio. fl.27, der Steuerwert der Häuser war
also um 10,7% gestiegen, derjenige der Gewerbe um 19,4%. Bei
unveränderten steuertechnischen Grundlagen und annähernd sta
bilem Geldwert manifestiert sich also hier gleichförmiger Aufwärtstrend
, der allen Verzerrungen der steuerlichen Optik zum
Trotz nicht unrealistisch erscheint. In den beiden ersten Jahr
zehnten der Sparkasse dürfen wir daher mit einiger Wahrscheinlichkeit
eine wirtschaftliche Entwicklung erwarten, die nicht
gerade im Zeichen überschäumender Dynamik stand, in der es aber
doch größtenteils langsam, aber sicher aufwärts ging. War doch
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