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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0092
Falle der Mißhandlung erlaubt ist, warum dann in ähnlich gelagerten Fällen
nicht auch die Wegnahme jüdischer Kinder?

5. Die Darbringung des Kindes zum Taufakt muß nicht notwendigerweise durch
die Eltern geschehen. Dies geht aus den Schriften Augustins und Gregors L
hervor.

6. Dem Argument, daß Juden ihre zwangsgetauften Kinder töten würden hält
Zasius entgegen, daß der Fürst dafür Sorge zu tragen habe, daß dies verhindert
würde. Wenn es trotzdem dazu kommen sollte, so sei dies von keinem
großen Belang. Das Kind sterbe dann als Märtyrer und erlange die ewige
Seligkeit. Da es anders der Verdammnis anheimgegeben war, sei dies sogar erheblich
vorzuziehen. Körperlicher Tod sei ein geringer Preis für das ewige
Seelenheil.

7. Kinder sind nicht im gleichen Sinne als unvernünftig anzusehen, wie wilde
Tiere. Wer dies behauptet, wird von einer Fiktion fehlgeleitet. Sie sind ein zu
treuen Händen übergebenes Gut und dürfen nicht als Eigentum angesehen
werden.

8. Auf diejenigen, die keinen eigenen Verstand haben, kann kein Zwang ausgeübt
werden. Daher ist die Gleichstellung von Erwachsenen und Kinder unzulässig
. Das Verbot der erzwungenen Taufe nach dem Beschluß des 4. Konzils
von Toledo ist daher auch nicht anwendbar.

9. Die Saat Israels wird nicht untergehen, selbst wenn alle Juden bekehrt würden
. Denn Christus kam nicht, um die Juden zu vernichten, sondern um sie zu
erretten. Der Samen der Natur (semen naturae) wird also bestehen bleiben,
auch nach der Annahme des wahren Glaubens. Als Jesus sagte, „Dieses Geschlecht
wird nicht vergehen", meinte er nicht die Juden, sondern eher die Gemeinschaft
des Glaubens.

10. Die durch das römische Gesetz geschützte elterliche Gewalt kann angesichts des
höheren göttlichen Gesetzes nicht bestehen.
Mitten in seine Zusammenstellung der Argumente, die für eine Zwangstaufe
jüdischer Kinder nach seiner Ansicht sprechen, reiht nun Zasius einen „Exkurs mit
Schmähungen gegen die Juden" (Nota parergon invectivum contra ]udaeos), ein,
in welchem er seiner Ablehnung der Juden und ihrer dauernden Wohnungnahme
unter den Christen freien Lauf läßt. Obwohl dieser Exkurs für die Beweisführung
des Zasius ohne Belang ist, ermöglicht er doch eine Einsicht in die emotionellen
Hintergründe, die Zasius zur mühevollen Errichtung eines so schwierigen Rechtsgebäudes
Anlaß gegeben haben. Juden, so erklärt er nun, lebten nicht zu Recht in
der Christenheit. Sie seien nur aus christlicher Gnade geduldet. Ihr Aufenthalt
hänge von ihrer guten Führung, ihrer Bereitschaft zur Zahlung von Steuern und
zu demütiger friedlicher Arbeit ab. Wenn ein Papst einmal die friedlichen Juden
in Gegensatz zu den feindlichen Sarazenen gestellt habe, so entgegnet Zasius38:
„Heute sehen wir, wie alles ins Gegenteil verkehrt worden ist. Die Juden sind
höchst undankbar gegenüber den Christen, die sie täglich durch öffentliche Flüche
verwünschen und durch öffentliche Gräuel beleidigen. Sie plündern die Christen
durch ihre Wuchergeschäfte aus. Sie verweigern ihre servilen Pflichten, verspotten
unseren reinen Glauben und beschmutzen ihn gar in der Öffentlichkeit durch die

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