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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0093
schlimmsten Blasphemien gegen unseren Erlöser. Und was das schlimmste ist, es
gelüstet sie nach Christenblut, welches diese grausamen Blutsauger bei Tag und
Nacht suchen. Dies hat sich erst neulich in dieser Gegend wieder ereignet (wovon
wir nur mit Herzklopfen sprechen können)".39

Zasius argumentiert hier auch, daß man den Tod der Saat Israel nicht zu befürchten
brauche. Selbst wenn diese aus der Christenheit verschwinden würde,
würden genügend Juden unter den ungläubigen Moslems überleben, um den Auftrag
der Heiligen Schrift zu erfüllen. In dieser Hinsicht ist Zasius also milder als
Scotus, der die Erhaltung der Saat Israel auf einer einzigen abgelegenen Insel als
für diesen Zweck genügend hielt.

Obwohl Zasius in seiner gesamten Abhandlung hunderte von Texten heranzieht
, beschränkt er sich in vielen Fällen nur auf rein linguistische Anmerkungen,
wie beispielsweise unwichtige Angriffe auf die Wortwahl der päpstlichen Dekrete
.40 Nach Abstrich dieses humanistischen Rankenwerks bleibt infolgedessen ein
Kern von relativ wenigen Texten des kanonischen Rechts mit den dazugehörigen
Kommentaren, einigen Auszügen aus den theologischen Summae, aus den Kommentaren
, aus Lombards Sentenzen, aus dem Corpus Juris Civilis des Justinian
und ganz besonders aus den Pandekten. Die Heilige Schrift spielt für Zasius eine
sehr geringe Rolle, mit Ausnahme der Textstellen, die bereits von Thomas von
Aquin herangezogen worden waren.41 Die Zusammenstellung der Lehrmeinungen
zum Teil sehr gegensätzlicher Art zeugt von einer sehr eingehenden Nachsuche in
der damals zur Verfügung siehenden wissenschaftlichen Literatur. Obwohl manche
Zitate unter den hunderten von Belegen aus zweiter Hand übernommen worden
sind, spiegelt sich darin aber doch eine höchst intensive Lektüre der gesamten scholastischen
wie auch der klassischen Literatur wider. Franz Suarez (*f 1617), der auf
die gedruckten Werke eines zusätzlichen Jahrhunderts zurückgreifen konnte, war
lediglich in der Lage, zwei Werke zu zitieren, die vor Zasius5 Zeit lagen und von
ihm nicht herangezogen worden waren: Die Kommentare zu den Sentenzen von
Marsilius von Inghen (f 1396) und Johannes Capreolus OP (f 1444).42

Die verschiedenen Lehrmeinungen, die Zasius in seiner Abhandlung zusammengefaßt
hat, waren mindestens seit der Mitte des 12. Jahrhunderts in der scholastischen
Diskussion als wichtige Fragen behandelt worden. Infolgedessen lag zu der
Zeit, als Zasius sich an die Arbeit machte, eine umfangreiche Literatur vor. Die
hauptsächlichsten Befürworter der These, daß jüdische Väter die volle Entscheidung
über die Taufe ihrer Kinder hätten, waren die Dominikaner, ihre wichtigsten
Gegner die Franziskaner und einige Laienprofessoren, die in der nominalisti-
schen Tradition standen. Doch gab es auch Ausnahmen von dieser grundsätzlichen
Trennung der Meinungen: Richard von Middleton, der mit der thomistischen Argumentation
sympathisierte, war beispielsweise Franziskaner.

Bei seiner Argumentation zugunsten des Rechts jüdischer Eltern, ihre Kinder in
ihrem eigenen Glauben erziehen zu dürfen, hatte Thomas von Aquin eingeräumt,
daß die Juden in der Leibeigenschaft eines christlichen Fürsten stünden. Demgegenüber
stellte er aber fest, daß die Kirche traditionell den Juden Glaubensfreiheit
zugestanden habe. Wenn die erzwungene Bekehrung der Juden erlaubt sei, so hätten
Persönlichkeiten mit besonderer geistlicher Autorität dies schon früher den

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