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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0106
er vollzog den Spruch der Gerechtigkeit.

Wie der Vater seine Autorität aufrecht erhielt, zeigt besonders ein Vorkommnis
: Alexander war von der Berliner Universität zurückgekehrt und hatte die Berliner
Mundart etwas angenommen, worüber wir Jüngeren ihn verhöhnten. Am
Mittagstisch ließ der Vater beim Schnupfen einige Körnchen Tabak auf das Tischtuch
fallen, Alexander entschlüpfte das Wort „Sauerei", und darauf gab der Vater
dem vorlauten Herrn Sohn eine kräftige Ohrfeige.

Der Vorabend von Vaters Namenstag, 17. September, war ein Fest. Besonders
einer dieser Abende ist mir noch gegenwärtig. Den Vorplatz unserer Wohnung in
der Pfaffengasse - jetzt Herrenstraße 12 - hatten wir mit Tannenreisig in einen
Hain verwandelt. Vor den Eltern, den nächsten Verwandten und einigen Freunden
sangen wir unter anderem das Knabenterzett aus der „Zauberflöte". Da hob
sich im Hintergrund ein Transparent mit einem Segenswunsch und zeigte unser
Mariele, weiß gekleidet, das einen Spruch hersagte.

Der Vater hatte im Jahre 1844 ein eigenes Haus in der Kartäuserstraße gebaut
und war eine Wette eingegangen, daß er an einem bestimmten Tag einziehen
könne. Er gewann die Wette, aber die Türen hatten noch keine Schlösser und die
Wände keine Tapeten; nur zwei Zimmer konnten notdürftig bewohnt werden.
Auf Matratzen am Boden des Saales lagen wir fünf Buben, Lina und Cousine Sofie
die ersten Nächte nebeneinander.

In der Volksschule

In der Volksschule - im ehem. Gebäude der „Sapiens" in der Herrenstraße 2
und Nußmannstraße 16 - schloß ich mit Fritz Beck, dem jetzigen Feldzeugmeister
in Wien [später: Friedrich Graf von Beck-Rzikowsky (1830-1920) ö. u. Generalstabschef
], dem begabten Sohn des Universitätsprofessors Carl Joseph Beck [1794
bis 1838], Freundschaft. Wir bauten auf der Höhe des Schloßberges eine „Burg"
und lieferten dort Schlachten gegen andere Knaben. In der dritten Klasse war
Primus unter etwa 100 Schülern Heinrich von Rinck, der Sohn eines Barons, den
zweiten Platz nahm Beck ein und neben ihm saß ich. Wir drei hatten eben die
„vornehmsten" Väter. Lehrer Domink Dischler, ein alter jähzorniger Mann, teilte
oft mit einem Siegelring an der rechten Hand Ohrfeigen aus, die wegen ihrer
Schmerzhaftigkeit besonders gefürchtet waren; dabei streckte er in der Erregung
die Zungenspitze zum Munde heraus, eine Unsitte, die ich bei Raufereien nachahmte
. Fritz Beck war von eigener Art. Vom Lehrer gefragt, was er werden wolle,
antwortete er: „Offizier oder Bischof"; er mußte wohl wissen, daß er in Wien
einen Onkel in sehr hoher Staatsstellung besaß. Bei seiner Großmutter im Hause
des Bäckers Leopold Glockner in der Kaiserstraße - zwischen Nußmannstraße und
Auf den Zinnen — hatte er einen Altar errichtet und las sonntags im Meßgewand -
mit allen Kirchengeräten versehen - förmliche Messe, wobei ich ihm ministrierte.
Großmütterchen betete auf dem Sofa inbrünstig, bekreuzigte sich nach Vorschrift
und schlug bei der Wandlung an die Brust. Nach der Messe entledigte sich Fritz,
wie ein richtiger Priester, des Meßgewandes und hielt im Hemd über den Kleidern

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