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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0111
Julius und ich sowie eine Frau von Hennenhofer mit ihrer Tochter. Offenbar sind
nicht die bravsten sondern die unartigsten Buben mitgenommen worden, um größeren
Unfug bei der dienstlichen Abwesenheit des Vaters vom Hause zu verhüten.
In Achern, wo wir übernachteten, hörte ich zum ersten Mal den Nachtwächter.
Am Abend des folgenden Tages fuhren wir durch das Mühlburger Tor in die
Residenz und stiegen bei der Großmutter, der „Frau Kirchenrat" ab. Der Großvater
war schon gestorben. Meine und Juliussens Aufführung war nicht mustergültig
. Denn mir liegen noch die Schmeichelworte der stets mit dem Kopf zitternden
Großmutter wie „Saububen" und ähnliche im Ohr. So hatten wir von einem
vor ihrem Hause in der Karlstraße gelagerten Lehmhaufen Kugeln geformt und
damit die frisch angestrichene Hauswand beworfen, schimpften über das schlechte
Essen der Unterländer und suchten den langweiligen Schulmeistersreden des Onkels
August, Gymnasialprofessor, zu entgehen. Eines stimmte meine Hochachtung
vor der vielgerühmten Residenz besonders herab: die Kirchtürme waren gegen
unser Münster doch gar zu erbärmlich.

Eines Morgens fuhren wir auf einem Leiterwagen von Karlsruhe nach Eisingen
bei Pforzheim zum Besuch des Onkels, Pfarrer von Leuchsenring. Kaum angekommen
rasten Julius und ich mit einem Wägelchen, in dem der kleine Bub der Tante
lag, im Hofe herum, bis der Karren umfiel und das herausgeschleuderte Kind jämmerlich
schrie. Die ganze Gesellschaft, Großmutter, Mutter, Tante, Onkel, Lina,
Cousine Sofie und die Magd eilten händeringend und wehklagend herbei. Die
Tante hieß uns auf dem anstoßenden Friedhof Zwetschgen pflücken zu einem Kuchen
. Wir schworen aber, solchen Totenkuchen nicht anzurühren, und wir hielten
Wort. Auf der Kellertreppe mischte die Tante den Wein mit Wasser, was wir beim
Mittagessen nicht verschwiegen, und als beim Anschneiden des Spanferkels - ein
uns neuer Anblick - Blut spritzte, konnten wir uns nicht bezwingen, davon zu
kosten. Die Mutter wird das oft gebrauchte Wort gesprochen haben: „Ehre habe
ich nicht mit Euch eingelegt."

Gymnasium 1840—1849

Neun Jahre lang bis zum Herbst 1849 saß ich „auf dem Teich", wie die Schüler
das Gymnasium - jetzt Peterhof nannten. Bis zu meinem 10. Jahre glaubte ich
an die zu Hause oft gehörte Sage von den kleinen Kindern im „Silberbrünnele"
auf dem Schloßberg. Den Unterricht zur ersten Kommunion gab ein mystisch angelegter
fanatischer Theologe, der uns die gräßlichsten Bilder der ewigen Verdammnis
vorhielt. Der erzwungene Kirchenbesuch war kein Mittel zur Besserung.
Die „Vesper" Sonntagnachmittag von 2 bis V23 Uhr zerschnitt den goldenen
Sonntag und erschwerte größere Ausflüge. Wir schrien die Psalmen herunter, aber
nicht mit Andacht. In der Frühmesse am Mittwoch, an die sich der Schulunterricht
anschloß, nahmen wir unsere Aufgaben durch; sah dies der aufsichtführende Professor
, gab es Strafe.

Die Lehrer waren zum größten Teil katholische Theologen, die strenge Studien
außerhalb ihrer Kirche nicht gemacht hatten. Einer besonders war Nichtwisser und

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