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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0113
höchst gelungen die zitterige Schrift der alten Frau. Auch ich schrieb falsche Zeugnisse
, jedoch ohne Beihilfe setzte ich den mir geläufigen kräftigen Namenszug des
Vaters darunter. Ich tat dies manchmal, um den Lehrer sicher zu machen, auch
dann, wenn ich wirklich krank gewesen war. Einmal gab ich fälschlich als Krankheit
„Gliederweh" an. Das fiel dem Professor auf. Er sagte zu einem bei ihm
wohnenden Mitschüler, er wolle doch mit meinem Vater reden. Als ich dies erfuhr,
ging ich eine Zeitlang zerknirscht umher; die Bombe aber platzte nicht.

Ein anderer Schulstreich ist vielleicht noch der Erwähnung wert. Ich versäumte
einmal die erste Morgenstunde und kam erst um 9 Uhr in die Schule. Die zweite
Stunde hielt ein anderer Lehrer, der äußerst strenge Direktor Joseph Nikolaus
Schmeisser [1793-1855]. Auf dem Katheder angelangt las er die vom Vorgänger
als abwesend bezeichneten Schüler ab, darunter meinen Namen, worüber ich bestürzt
war, da mir keine Ausrede für mein Schwänzen einfiel. Da hießen mich die
zwei neben mir sitzenden Kameraden, durchtriebene Kerle, unter den Tisch zu
schlüpfen. Ich tat dies und blieb die ganze Stunde drunten. Die ganze Klasse hatte
es gesehen, nur der kurzsichtige Direktor nicht. Während des Unterrichts herrschte
natürlich große Unruhe, worüber der Direktor in Heftigkeit geriet. Wie mir zu
Mute war, namentlich wenn der Gewaltige an den Bänken hin und herlief, läßt
sich nicht beschreiben. Als er das Zimmer verlassen hatte und ich hervorkroch, gab
es ein wieherndes Gelächter. Plötzlich riß der zornentbrannte Oberschulmeister die
Türe auf und rief ein donnerndes „quos ego"! Gewandt schlüpfte ich wieder in die
Versenkung. Als die Luft rein war, verließ ich die Schule und fertigte ein falsches
Krankheitszeugnis für den ganzen Tag. Von nun an gab ich die Urkundenfälschung
auf.

Wie es damals auch in höheren Klassen zugegangen ist, zeigt ein Vorgang, den
ich aus dem Munde des um einige Jahre älteren Vetters Karl Bader erfahren habe.
Sein Freund, jetzt ein hochachtbarer Würdenträger der katholischen Kirche, war
in der entscheidenden Mathematikstunde, in der die Noten festgestellt wurden,
nicht vorbereitet. Bader faßte einen Plan. Der Freund, von Professor Dr. Georg
Adam Eisengrein an die Tafel gerufen, schrieb die Aufgaben und fiel plötzlich um.
Karl Bader schrie: „Er stirbt, holt Wasser!" und sprang seinem Freund bei, der sich
langsam erholte, nachdem er mit Wasser aus den Mützen der Schüler besprengt
worden war. Selbstverständlich wurde der Schwache von Bader abgeführt, und der
Schlaue war von einer schlechten Note gerettet. Denselben Professor pflegten wir
nach mäßigem oder schlechtem Aufsagen um die Noten zu fragen. Fiel sie nicht
nach Wunsch aus, verhandelte der Schüler mit dem Professor und rief schließlich
die ganze Klasse zum Zeugen für die gute Leistung auf.

Wegen Kränklichkeit wurde ich mit einem Freunde während des Sommers aus
der damaligen Unterquarta genommen. Wir hatten täglich früh am Morgen nur
zwei Stunden Privatunterricht in Latein und Mathematik, die übrige Zeit durften
wir uns im Freien tummeln.

Ich schwärmte für Ausflüge in die Berge, für größere fehlte es aber oft an Geld,
so bescheiden es war, und am Schuhwerk. Unser Schuster in Merzhausen, der in
regelmäßigen kurzen Zwischenräumen mit einem Sack voll Flickarbeit erschien, arbeitete
billig aber schlecht. So verlor ich einmal in der Salzgasse einen ganzen Stie-

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